Seit heute Morgen um 03:00 Uhr liegen wir unmittelbar vor der Stadt auf Reede. Lotse ist für 17:00 Uhr angekündigt. Traumwetter aber lausig kalt. Wird heute also nichts mehr mit Landgang.
Ulsan ist eine Industriestadt. Hier werden täglich rund 5.000 Autos in die ganze Welt exportiert. Leider gibt es mit Vodafone wohl kein Roaming-Abkommen. Jedenfalls bekommen wir hier kein Handynetz. Kein Telefonat! Keine SMS! Mal sehen ob ich irgendwo eine koreanische SIM-Karte kaufen kann. Musie, mein Schatz, ich möchte mal wieder deine Stimme hören!
Die ständigen Temperaturwechsel haben dazu geführt, dass ich mir einen kräftigen Schnupfen eingefangen habe. Mal sehen ob das Spray aus Eimers Apotheke hilft?
Unser Proviant besteht logischerweise aus Produkten der unterschiedlichsten Länder. Säfte aus der Türkei und Holland, Milch aus Lettland, Mineralwasser aus Deutschland, Marmelade aus Malaysia, Soßen aus den USA, Bier aus China, Cola aus Vietnam, Wodka aus Schweden und Russland, Frischware aus dem jeweiligen Hafen, usw.. Wie es die Nachschubversorgung halt so ergibt. Schmunzeln muss ich über einen Aufdruck auf unserem deutschen Honigglas:
„Mischung aus EG-Ländern und Nicht-EG-Ländern“
Hähh??? Was soll mir das jetzt sagen???
Wo kommt der deutsche Honig denn jetzt her???
Am späten Nachmittag dreht der Wind auf Süd und nimmt plötzlich erheblich zu. Seit Wochen wieder einmal richtiger Seegang. Mal sehen, was die Ankerkette so aushält.
Am Abend erfahren wir vom Kapitän, dass es vor der japanischen Küste ein schweres Erd- bzw. Seebeben gegeben hat. 8,9 auf der Richterskala verbunden mit einer meterhohen Tsunamiwelle. Das ist schon ganz schön heftig. Über Zerstörungen in unserem Zielhafen Yokohama ist bisher noch nichts bekannt. Ich melde über Satelliten-Telefon zu Hause Entwarnung, wir sind noch in Korea.
Samstag, 12. März 2011 (65. Tag) Ulsan (Korea)
Der Hafen wirkt sehr aufgeräumt und sehr sauber. Vor uns machen gerade zwei gewaltige Autotransporter fest. Die Welt braucht Nachschub. Die Firma Hjundai ist hier zu Hause. In weniger als 24 Stunden sind diese Schiffsriesen wieder beladen und auf See. Optisch hat der Fahrzeugbestand am Ufer jedoch kaum abgenommen. In Südkorea herrscht offiziell ja immer noch Kriegszustand mit den eigenen Landsleuten im nördlichen Teil. Die Kameraden am Hafengate tragen sogar Waffen. Hier wirkt alles sehr straff organisiert. Unsere Pässe werden x-mal überprüft und unsere Namen y-mal in irgendwelche Listen eingetragen!? Wenn’s hilft!
Ansonsten ist Ulsan eine nüchterne Industriestadt geprägt von Auto- und Schwerindustrie, Kunstdüngerfabriken und Raffinerien. Früher war Walfang die Haupteinnahmequelle.
Achtung keine Meeresfrüchte - Alles aus Zucker |
Das muß alles noch mit... |
Um Mitternacht müssen die Jungs schon wieder arbeiten. Das Schiff muss einmal gedreht werden, damit der Ladevorgang reibungslos weitergehen kann. - Datt glaubste doch nich! ?
Im Internet bekommen wir zum ersten Mal mit, wie schlimm das Erdbeben in Japan geworden ist. Der Schaden an dem Atomkraftwerk macht uns am meisten Sorgen, weil wir ja genau in die Gegend wollen. Wir fragen uns, können wir unter diesen Bedingungen einfach so nach Japan weiterfahren? Die Bundesregierung spricht mittlerweile entsprechende Warnungen aus. Aber was sollen wir machen? Die Entscheidung liegt nicht bei uns. In Kobe soll ein neuer Kapitän unser Schiff übernehmen. In Yokohama ist im Moment der Hafen gesperrt. Niemand weiß so richtig wie es weitergeht. Geduld!
Blumen zum Abschied |
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