Mittwoch, 27. April 2011

17. New-Orleans - Houston/Texas



(Oster-) Sonntag, 24. April 2011 (108. Tag)  New Orleans

Irgendwann in den frühen Morgenstunden haben wir in New Orleans festgemacht. Verschlafen.
Der Landgang gestaltet sich schwieriger als erwartet. Die Immigration lässt uns warten. Es ist Oster-Sonntag. Erst gegen 13:30 Uhr tauchen die schwer bewaffneten Beamten auf. Wir müssen komplett neue Einreiseformulare ausfüllen. Nächstes Problem: Im Hafengelände dürfen wir nicht zu Fuß gehen, einen Shuttle-Service gibt es nicht und Taxen dürfen nicht rein. Wie bitteschön sollen wir dann in die Stadt kommen? Alle zucken mit den Schultern, die Regeln sind hier halt so.
Zum Glück hat der Agent für den Chief-Ingenieur einen Bus bestellt der ihn zum Flughafen bringen soll. Der Fahrer nimmt uns mit in die Stadt und wir vereinbaren mit ihm auch den Rücktransport. Wir lassen uns zum Jackson Square bringen. Im French Quarter, besonders in der Bourbon Street,  ist heute der Teufel los. Ostern ist hier Gays-Day mit Umzügen und Live-Musik an allen Ecken.

Eine gigantische Party mit ausgelassen feiernden Menschen. Wir probieren bei ‚Pat O’Briens‘ den legendären Hurricane-Cocktail. Lecker, aber oho! (%o). Mit Mike und Carry und einem jungen Paar aus Brasilien genießen wir die ausgelassene Stimmung. Viele Leute in unglaublichen Kostümen. Toll aussehende Frauen sind allerdings häufig Männer oder sowas dazwischen (Gays Day). Unglaubliche Typen und Riesen-Spaß.

(Oster-) Montag, 25. April 2011 (109. Tag)  New Orleans
Der Seemannsclub ist nicht zu erreichen also wieder den teuren RMT-Bus-Service anrufen. Wir bummeln dann noch einmal gemütlich durch das French Quarter und die Bourbon-Street. Dann am Ufer des Mississippi lang. Eigenartiger Anblick wenn die Schiffe höher fahren als die Autos. Etwa drei Viertel der Stadt liegt unter dem Meeresspiegel. Daher seinerzeit die verheerenden Überschwemmungen durch den Hurrikan ‚Katrina‘ im Jahr 2005.

Viele Straßenmusiker sind bereits wieder im Einsatz. New Orleans und Jazz gehören natürlich zusammen. Diese Vielfalt und die gute Stimmung, die sie verbreiten, reißen einen einfach mit. Macht richtig Spaß. Zum Abschluss lasse ich mir noch einmal Seafood schmecken. Am Ufer des Mississippi schmecken die natürlich besonders gut. An den vielen Geschäften und Souvenirläden kommt man natürlich auch nicht einfach so vorbei. Um 18:00 Uhr bringt uns der Fahrer pünktlich zurück zum Schiff.


Dienstag, 26. April 2011 (110. Tag) New Orleans – Houston (Texas)


Kurz nach Mitternacht verlassen wir New Orleans. Leider wieder eine Nachtfahrt auf dem Mississippi. Der Golf von Mexiko ist heute ganz schön unruhig. Wie sich die Zeiten ändern; bei diesem Seegang wären wir am Anfang unserer Reise wohl kaum auf die Idee gekommen, an Deck einen Cocktail-Abend zu veranstalten.


Aber 'Pat O’Brien‘s Hurricane-Cocktail-Mix‘ muss ja wenigstens mal probiert werden. Jose hat uns eine Schüssel mit Eis vorbereitet. Das Cocktail-Pulver (wo außer in Amerika kommt man auf solche Ideen??) hab ich gestern Abend schon in Wasser aufgelöst und den Saft gut gekühlt. Also kann’s losgehen. Rum als Basisgetränk ist eigentlich(*) immer verfügbar und so nach und nach bekommen wir auch das Mischungsverhältnis immer besser in den Griff: ganz viel Eis, ein Teil Rum, ein Teil Saft und fertig ist der ‚Hurricane‘ - ECHT LECKER! (und um neun ins Bett).

(*) Im Moment ist nicht nur unser Proviant ziemlich geschrumpft, sondern der Slopchest ist nahezu ausverkauft. Allerhöchste Zeit, dass in Houston Nachschub an Bord kommt!!!

Montag, 25. April 2011

16. Panama - New Orleans

(Grün-) Donnerstag, 21. April 2011 (105. Tag)  Panama-Kanal – New Orleans

Hier im karibischen Meer kann ich mich einmal mehr davon überzeugen, weshalb unsere Erde der ‚Blaue Planet‘ heißt. Ruhige Fahrt durch dunkelblaues Wasser. Leider keinerlei Tiere oder Vögel zu sehen. Ab und zu zieht ein Schiff am Horizont vorbei. Lesen, Sonnen und im Pool in glasklarem Karibikwasser schwimmen; wer weiß wie oft diese Möglichkeit noch bestehen wird. Am Abend ist es immer wieder schön, die faszinierenden Sonnenuntergänge auf See zu beobachten.


(Kar-) Freitag, 22. April 2011 (106. Tag)  Panama-Kanal – New Orleans

K.b.V. Feiertag. Heute wird nicht gearbeitet. Ruhe im Schiff und ruhige Fahrt durch den Golf von Mexiko. Komisch dass hier, anders als im Pazifik, bis auf ein paar einzelne Schwalben keine Vögel zu sehen sind.

(Oster-) Samstag, 23. April 2011 (107. Tag)  Panama-Kanal – New Orleans

„Ist die Kuh weggelaufen? Oder warum gibt es keine Milch mehr?“ Frage des E/Ing an den Steward. In der Tat, die Vorräte werden deutlich knapper. Frische Sachen sind aus und immer mehr Dosen und Gläser werden geöffnet. Körnerfreunde müssen sich jetzt mit verdünnter Dosenmilch oder Kaffeeweißer begnügen. Was soll’s, der nächste Hafen ist ja schon fast in Sichtweite.
Wir bekommen ein paar Delfine zu Gesicht. Sie springen übermütig im hohen Bogen aus dem Wasser. Am Nachmittag passieren wir jede Menge Bohrinseln und erreichen planmäßig die Mündung des Mississippi. Überpünktlich um 19:45 Uhr kommt der Lotse und wir beginnen die zehnstündige Fahrt rauf nach New Orleans. Leider eine Nachtfahrt. Pech, aber so ist halt das Seemannsleben. In Heber ist das Osterfeuer jetzt bestimmt auch schon aus.

(Oster-) Sonntag, 24. April 2011 (108. Tag)  New Orleans

Irgendwann in den frühen Morgenstunden haben wir in New Orleans festgemacht. Verschlafen.

15. Long-Beach - Panama



Sonntag, 10. April 2011 (94. Tag)  Long Beach (Kalifornien)
Der Pilot kommt um 6:00 Uhr. Wir können gleich nach dem Frühstück an Land. Immigration erst wieder zur Abmeldung in Philadelphia. Mit dem Taxi fahren wir in eine ‚Shopping-MALL‘. Mal eben 30 km - amerikanische Entfernungen. Rina fährt gleich weiter nach Hollywood. Wir drei gehen ins Einkaufszentrum. Mist! Sonntagmorgen und noch fast alles zu. Dafür offenes WLAN und Zeit für ein langes Skype-Gespräch mit Musie. Einen freien Internet-Zugang findet man hier in den USA eigentlich überall. Geld abheben an der ATM funktioniert auch wieder. Technisch also alles wieder bestens. Christel und Jürgen sind zum Strand unterwegs. Ich fahre mit dem Bus (Linie 91) nach Downtown Long Beach. Ein wunderschöner Hafen mit der ‚Queen Mary‘ als Highlight. Mittagessen: Clam Showder, Spaghetti mit Meeresfrüchten, mhhmm!!! Es gibt nicht nur Fast Food in Amerika. Dazu das traumhafte Wetter und der herrliche Blick über den Hafen. Super! ‚American Way of Life‘. Am Nachmittag besuche ich dann noch das ‚Aquarium of the Pacific‘. Man kann sich an Bord kaum vorstellen, was da so alles unter uns rumschwimmt. Wunderschön und immer wieder einen Besuch wert. Auf dem Rückweg lande ich mitten auf der Autorennstrecke. Long Beach bereitet sich auf das kommende Wochenende vor. Autorennen à la Monte Carlo, auf ganz normalen Straßen, quer durch die Innenstadt.
Hafen Long-Beach mit Queen Mary
Noch ein kurzer Abstecher in die Brauerei. Auf ein Bier (oder waren es zwei?) dann geht’s zurück an Bord. Landausflüge sind anstrengend.
Übrigens: wir haben gestern die 40.000 km geknackt!

Montag, 11. April 2011 (95. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
Ausgang bis 15:00 Uhr! (Wie sich das anhört!) Noch mal kurz nach Downtown bummeln gehen. Auf der Terrasse einer urigen Seemannskneipe wieder ‚Skypen‘ mit zu Hause. Der Yachthafen erwacht jetzt langsam zum Leben. Tolle Atmosphäre. Dann laufe ich noch mal durch die Innenstadt. Heute nicht so schön; wegen des Autorennens wird hier überall gewerkelt.
Zum Mittagessen treffe ich mich mit Christel und Jürgen in einem Restaurant mit tollem Blick auf die Queen Mary. Respekt, wieder TOP-Essen jenseits von Hamburger & Co. Geht doch!!! Unterwegs gabeln wir Rina auf und sind pünktlich zurück zu Hause auf unserem Schiff!
Der Taxifahrer weist mich auf ein besonderes Schiff im Hafen hin. Die ‚Sea Launch‘ hat hier in Long Beach ihren Heimathafen. Ein internationales Konsortium aus USA, Russland, Ukraine und Norwegen schießt von diesem Schiff Trägerraketen ins Orbit. Man fährt dazu mitsamt einer umgebauten Bohrinsel in die Nähe des Äquators. Die Raketen starten von der gefluteten Plattform. Die Leute halten sich während des Starts zur Sicherheit auf dem Schiff auf. Einmalig auf der Welt. Begünstigt durch die starke Rotation der Erde können hier auch schwerere Satelliten gestartet werden. Aktuell erfolgt pro Einsatz nur ein Start. Später sollen mehrere Satelliten hintereinander ins All abheben.

Ein paar muntere Seelöwen haben unter unserem Schiff offenbar eine Menge Fische entdeckt. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit verabschieden sie uns, quasi als Dankeschön, mit einer Seelöwen-Parade!
Abfahrt 17:00 Uhr, bis zum Panama-Kanal sind es noch rund 3.000 Meilen (ca. 8 Tage)
Kurz nach 19:00 Uhr sehe ich von der Brücke aus die ersten Walfontänen. Leider kommen die Burschen nicht näher, aber immerhin – man freut sich.


Dienstag, 12. April 2011 – UTC-6 – (96. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
Ruhige Fahrt entlang der Baja California nach SE (140°). Es ist deutlich wärmer geworden. Ein kurzer Aufenthalt an Deck ohne Sonnenschutz wird gnadenlos mit Sonnenbrand bestraft. Wir kommen wieder in die Tropen.
Beim Essen bekommen wir die Info, dass noch ein weiterer Hafen an der Ostküste angelaufen werden soll. Norfolk/Virginia, der größte US-NAVY-Marinestützpunkt im Atlantik. Nur zwei Teile zu laden, aber über 300 Tonnen schwer.

Mittwoch, 13. April 2011 (97. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
Neue Nachrichten: Käpt‘n Mihail Albulescu übernimmt voraussichtlich in Antwerpen wieder das Kommando. Unser derzeitiger Kapitän Miroslaw Kluczniak hat, wegen einer Familienfeier, nur einen Vertrag über zwei Monate abgeschlossen.
Wassertemperatur schon 17°C, Luft abends 19°C, Nordwind 5. Am Nachmittag sehen wir zum ersten Mal einen Wal mehrfach aus dem Wasser springen. Leider ziemlich weit weg.

Donnerstag, 14. April 2011 (98. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
24°C Wassertemperatur sind erreicht. Der Swimmingpool wird gereinigt und einsatzbereit gemacht. Wir fahren entlang der mexikanischen Küste (Höhe Guadelajara) und können am Abend endlich mal wieder einen Sundowner draußen an Deck genießen.

Freitag, 15. April 2011 (99. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
Endlich zeigt uns der Pazifik mal, warum er auch Stiller Ozean genannt wird. In den vergangenen Wochen haben wir davon ja nicht so viel gemerkt. Klares blaues Wasser und richtig ‚Still‘.  Wir sind jetzt schon wieder südlich des Nördlichen Wendekreises (auf Höhe der südlichen Sahara). Am späten Nachmittag nehme ich, nach den vielen Wochen in den kälteren Regionen, das erste Bad im Swimmingpool (25°C).
Ein großer Schwarm Delfine genießt das warme Wasser und lässt sich die Fische schmecken.
Hoffenlich haben die Fluglotsen auch alles im Griff

Samstag, 16. April 2011 (100. Tag) Long Beach – Panama-Kanal
100 Tage auf Tour. Rickmers-Pearl-String-Service, Reise Nr. 300, einmal um die Welt. 29°C Wasser, 31°C Luft, strahlend blauer Himmel. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!? Heute ist BIG (PIG) Party! Die Jungs bereiten ein Piglet (Spanferkel) für heute Abend vor.
Heute sehen wir einen richtig großen Delfinschwarm. (bei Delfinen nennt man das wohl Schule). Jedenfalls ist heftig Bewegung im Wasser. Offenbar haben sie einen Fischschwarm zusammengetrieben und lassen es sich jetzt schmecken.
Jagd auf Fliegende Fische - Fast so spannend wie ein Krimi
Um ein paar Fotos zu machen gehe ich aufs Vorschiff. Doch leider keine Delfine mehr zu sehen. Dafür kann ich hier die Albatrosse bei ihrer Jagd auf fliegende Fische beobachten. Sie kreisen vorm Bug und warten bis die Fische vom Schiff aus dem Wasser gescheucht werden. Sofort stürzen sie dann hinterher und versuchen die Fische im Gleitflug zu fangen. Richtig spannend! 
Hmhmm das wird aber schmecken
Am Abend dann große Party. Der Bosun hat mit seiner Crew das Piglet perfekt gegrillt. Verschiedene Sorten Fleisch und Fisch runden das Angebot ab. Karaoke darf natürlich nicht fehlen und wir sitzen bis spät in die Nacht in der Blue Bar und genießen diesen wunderschönen Tropenabend.
Die Delfine scheinen sich mit uns zu freuen, jedenfalls springt plötzlich unmittelbar am Heck ein Exemplar mit einem riesigen Satz aus dem Wasser. Good Guy!

Sonntag, 17. April 2011 – UTC-5 –  (101. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
Kurze Nacht!  -  Musste denn ausgerechnet heute auch noch die Uhr vorgestellt werden?
Vom Käpt’n erfahren wir, dass es bei Somalia in den letzten Tagen eine Schießerei zwischen Piraten und der indischen NAVY gegeben hat. Die Inder setzen sich wenigstens zur Wehr. Politiker anderer Nationen schauen einfach nur weg. Auch in Deutschland macht sich offenbar niemand Gedanken, welche schwerwiegenden Folgen die Kapitulation vor der organisierten Gewalt für unsere Wirtschaft haben kann. Er meint ziemlich sarkastisch, das Schicksal der vielen betroffenen Schiffsbesatzungen sei für die Regierungen ohnehin kein Thema. Die Rickmers-Reederei überlegt aus Sicherheits-gründen zwischen Suez und Singapur keine Passagiere mehr mitzunehmen. Auf der Pearl-String-Line in einem Stück die Welt zu umrunden wird dann nicht mehr möglich sein. Da haben wir ja noch Glück gehabt.
Das Telefon klingelt. Kenneth (unser Friseur) lädt zur Beförderungsparty ein. Er ist vom O/S zum A/B befördert worden und gibt in der Crew-Messe einen aus.
Kein Festland? - Dann eben eine Schildkröte als Ruheplatz

Montag, 18. April 2011 (102. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
Den Vormittag verbringe ich auf dem Vorschiff. Die unterschiedlichen Techniken der Albatrosse und Sturmvögel beim Jagen der Fliegenden Fische zu beobachten ist einfach faszinierend. Auch einige Delfine, Schildkröten und Rochen bekomme ich zu sehen.
Immer weiter nach Süd-Osten. Wir passieren die Küsten von Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica.


Dienstag, 19. April 2011 (103. Tag)  Long Beach – Panama-Kanal
‚Always busy‘ Die Jungs sind fast ständig im Arbeitseinsatz. In schwindelerregender Höhe die Kranseile zu fetten ist sicherlich eine nicht so besonders angenehme  Arbeit.
Bei Außenarbeiten ‚covern‘ sich die Jungs mit alten T-Shirts. Sie haben, anders als viele von uns, kein Interesse an Sonnen-Bräune.
Gut das ich da nicht rauf muß
Den Vormittag verbringe ich heute wieder auf dem  ‚Forecastle‘ Fotos von den Sea Gulls (Sturmvögel) machen. Sagenhaft, welch unterschiedliche Fangtechniken die sich angeeignet haben. Die ersten Pelikane tauchen auch wieder auf. Also bald Land zu erwarten. Gegen neun kommt die erste Insel von Panama in Sicht. Um 11:10 Uhr gehen wir in der Bucht vor Panama-City vor Anker. Pilot-Termin voraussichtlich morgen früh um 03:00 Uhr. (oh Gott!)

Nur keine Sonne an die Haut
Am Abend beobachten wir viele unterschiedliche Seevögel, die sich hier in der geschützten Bucht offenbar sehr wohlfühlen. Auch ein Wal schwimmt in aller Ruhe zwischen den ankenden Schiffen durch. Jürgens Angelversuche bringen zwar ein paar kleine Haie an Bord, aber nichts Lohnenswertes für die Bratpfanne.


 Mittwoch, 20. April 2011 (104. Tag)  Panama-Kanal
Alles im Griff - Kapitän, ChiefMate und Pilot
Einige Offizielle waren gestern Abend schon am Ankerplatz bei uns an Bord um die organisatorischen Dinge zu klären. Um 03:00 Uhr beginnt die Passage. Ein Lotse und ca. 20 Mann von der Schleusenverwaltung kommen an Bord. Das Schiff wird mit Schleppern vor die erste Schleusenkammer der Miraflores Schleuse gezogen. Dort fixieren Lokomotiven an beiden Seiten das Schiff in der Mitte des Beckens und es geht aufwärts.


High Tec mitten im Urwald. Die Technik des Kanals ist fast hundert Jahre alt (Eröffnung 1914) und funktioniert immer noch einwandfrei. Die Strecke durch den Urwald zwischen den Schleusen ist wunderschön.



Mittags um 12:00 Uhr, nach genau neun Stunden, verlassen wir die Gatun-Schleuse auf der Atlantikseite

Montag, 11. April 2011

Danke für Kommentare und Emails

An dieser Stelle möchte ich mich mal kurz bei allen bedanken, die mit mir Verbindung halten. Durch SMS, Emails, Kommentere etc.. (Besondere Grüsse nach Berlin, in den Westerwald, nach Franken und in die Schweiz und natürlich in die Lüneburger Heide) Ist immer ein schönes Gefühl von zu Hause zu hören. Bin hier gerade in einer Brauerei gelandet. Bis ich die Biersorten alle probiert habe wird wohl noch ein Weilchen dauern :-). Melde mich dann wieder aus Panama oder New Orleans. CU Euer Seebär

Sonntag, 10. April 2011

14. Seattle - Long-Beach (Kalifornien)

Dienstag, 5. April 2011 (89. Tag)

Rückblick auf gestern Abend: Ankunft gegen 17:00 Uhr im blitzsauberen Hafen von Seattle. Die Immigration ist kurz darauf an Bord. Die Abwicklung verläuft freundlich und reibungslos. Die Untersuchungen unseres Schiffes mit dem Geigerzähler bestätigen:

Die ‚Rickmers Hamburg‘ ist strahlenfrei!!!

Unser Besuch im Seemannsheim in der Innenstadt scheitert an einer verschlossenen Tür. Wir rufen die dort angegebene Telefonnummer an. Prompt erscheint ein Bus der Mission und bringt uns in ein zweites Heim auf der anderen Seite des Hafens. Die Fahrt geht direkt wieder an unserem Schiff vorbei (Da hätten wir die Taxigebühren ja sparen können). Wir sind die einzigen Gäste. Auf jeden Fall habe ich hier eine Stunde Zeit, den Blog zu aktualisieren und Emails abzurufen. Dann drängt der Busfahrer zur (kostenlosen) Rückfahrt. Skypen geht leider nicht – Musie schläft noch.


Space Needle

Unser Tagesausflug beginnt heute in ‚Downtown Seattle‘. Emerald(Smaragd)-City, wie Seattle wegen des vielen Grüns auch genannt wird, ist eine sehr abwechslungsreiche Stadt. Die Straßen ähneln denen von San Francisco. Die Weltkonzerne Boeing, Microsoft und Starbucks sind hier zu Hause. Christel und Jürgen sind heute mit der Bahn nach Vancouver/Canada unterwegs um Verwandte zu besuchen. Bei Starbucks kann ich endlich mal wieder ein langes Skype-Gespräch mit Musie führen. Starbucks hat in seinen Filialen übrigens weltweit kostenloses „WiFi“ (Internet-Zugang).
Frischer Heilbutt aus Alaska
Auf dem ‚Peoples Market‘ mit seinen vielen kleinen Geschäften werden u.a.  „fliegende Fische“ verkauft. Der erste Heilbutt aus Alaska ist eingetroffen. Immer wenn ein Kunde einen Fisch gekauft hat, wird der quer über den ganzen Stand geworfen, unter lautstarkem Applaus (meistens) gefangen und dann in Eis-Boxen verpackt.
Beim Mittagessen, Schreck lass nach, wird deutlich, dass ich in Amerika bin. Ein Hamburger so groß, das eine ganze Familie davon satt werden könnte.

Nach dem Essen lasse ich mich zum Aussichtsturm ‚Space Needle‘ bringen. Dieser moderne Turm wurde bereits 1962 anlässlich der damaligen Weltausstellung gebaut. Die Sicht von hier oben ist gigantisch. Leider ist es sehr stürmisch und man merkt, wie der ganze Turm sich bewegt. Das Schwanken bin ich ja mittlerweile gewohnt. Die laufende Reparatur der drei Fahrstühle kostet übrigens heute genau so viel, wie der Bau des gesamten Turms vor 49 Jahren.

Zu Telefontechnik und Plastikkarten habe ich offenbar auf dieser Reise ein ganz spezielles Verhältnis entwickelt. Meine Visa-Card kam mir in Shanghai abhanden. Meine Master-Card wird seit kurzer Zeit beim Bezahlen abgelehnt. Sie wurde auf der Bank offenbar vorsichtshalber gleich mit gesperrt. Toll - und nun? Musie regelt das schon - DANKE! Da laut Sparkasse auch die EC(Maestro)-Karte in den USA funktionieren soll, nehme ich die mit in die Stadt. Leider hab ich wohl beim Einpacken keine Brille aufgehabt, jedenfalls weigert sich die ATM-Maschine (Geldautomat) beharrlich, mir auf meine ‚Versichertenkarte‘ der Krankenkasse Geld auszuzahlen ;-) - Ich glaube ich werd‘ alt!

Mein gutes, weltweit funktionierendes, Navigations-Handy hab ich mir in China klauen lassen. Mit dem Ersatz-Handy kann ich hier zwar telefonieren, aber keine SMS schicken?? Im Internet kennt man den angezeigten Fehler Nr. 256 zwar, hat aber keine Lösung für das Problem. Der Blick in die 337 Seiten lange Bedienungsanleitung bringt mich auch keinen Schritt weiter. Nach stundenlangem probieren stellt sich dann zufällig raus: Im Netz von AT&T kann ich telefonieren aber keine SMS schicken. Im Netz von T-Mobile kann ich SMS schicken aber nicht telefonieren!? Das verstehe doch wer will, ich jedenfalls nicht?!?!
 


Hier in Seattle scheint die Bevölkerung sehr sportlich, bzw. sportbegeistert zu sein. Jedenfalls verfügt die Stadt über zwei riesige Stadien unmittelbar nebeneinander. Im ‚Qwest Field‘ wird Football (Rugby) und Soccer (Fußball) gespielt.
Nebenan im ‚Safeco Field‘ finden Baseball-Veranstaltungen statt.

Nach einem Hamburger im ‚Hard Rock Cafe‘ mache ich mich langsam zu Fuß auf den Weg zurück zum Hafen. Unterwegs kehre ich noch zu einem kurzen ‚Tankstopp' in eine urige Eckkneipe ein. Der Wirt hat 15 Biersorten vom Fass im Angebot zusätzlich noch etliche Sorten in Dosen! Warum hier auf 15 Bildschirmen allerdings 15 verschiedene Sportprogramme gleichzeitig laufen, erschließt sich mir nicht wirklich. Der Weg zum Schiff ziiiieeeht sich wegen einer Großbaustelle ganz schön. Dafür darf ich die letzten 100 Meter vom Gate zum Schiff mit dem Shuttle-Bus fahren. Zu Fuß darf man das Hafengelände nämlich nicht betreten.

Mittwoch, 6. April 2011 (90. Tag)  Seattle – Long Beach (Kalifornien)
Shore leave 1500 (Ausgang bis 15.00 Uhr). Also noch mal kurz in die Stadt und auf dem ‚Farmers-Market‘ ein wenig herumstöbern und ein paar Souvenirs kaufen.
Um 17:00 Uhr legen wir ab und verlassen Seattle Richtung Long-Beach, Kalifornien.
Das Wetter ist hier extrem wechselhaft. Auf der einen Seite des Schiffes scheint die Sonne. Sieht man in die andere Richtung, denkt man die Welt geht unter. Schwarze Wolken und Regen wie aus Eimern.

Donnerstag, 7. April 2011 (91. Tag)  Seattle – Long Beach (Kalifornien)
Die amerikanische Westküste entlang in Richtung Süden. - Heute vor 3 Monaten sind wir gestartet. Starkes Rollen im Schiff, schnelle Wetterwechsel. Erholung von den Landgängen (Muskelkater) ist angesagt und Waschtag hab ich auch noch.

Der A/B Renan ist in Seattle von Bord gegangen und nach Hause auf die Philippinen geflogen. Sein Vater ist ganz plötzlich verstorben. Die Reederei hat ihm sofort einen Flug nach Hause besorgt und bezahlt den auch. Feine Geste.
Kein Museum, sonder täglich geöffnet

Freitag, 8. April 2011 (92. Tag)  Seattle – Long Beach (Kalifornien)
Der Kapitän hatte uns gestern schon vorgewarnt. Im Laufe des Abends fingen unsere Möbel mal wieder an zu wandern. Eisiger Wind, Stärke 7-8 aus Nord, Wellenhöhe über 6 Meter. Zum Glück von achtern, dadurch ‚geigt‘  das Schiff zwar ganz schön, aber nicht annähernd so stark wie bei Seitenwind. Wolkenloser blauer Himmel. Heute gibt’s Wein zu Mittagessen, Helmut feiert seinen 70sten Geburtstag. Ich verbringe den ganzen Tag im Liegestuhl an Deck. Lesen und einfach nur faul in der Sonne dösen und nach Schiffen, Walen und Albatrossen Ausschau halten. Ab und zu taucht am Horizont das Festland auf. Handy-Netz bekommen wir allerdings nicht.

Samstag, 9. April 2011 (93. Tag)  Seattle – Long Beach (Kalifornien)
Heute Nacht um 01:00 Uhr haben wir San Francisco passiert. Der Wind hat abgenommen. In der Sonne ist es heute schon angenehm warm. Zum ersten Mal seit Wochen kommen die kurzen Hosen wieder zum Einsatz.
Ankunft in Long-Beach am frühen Sonntagmorgen. Pilot um 06:00 Uhr. Na hoffentlich verschlaf ich da nicht.

Dienstag, 5. April 2011

13. Kobe - Seattle (USA)

Freitag, 18. März 2011 (71. Tag)  Kobe (Japan)
Der neue Kapitän informiert die Crew und uns auf der Brücke ausführlich und sehr detailliert über den Stand der Dinge. Die Japaner versuchen das Kühlsystem wieder in Betrieb zu bekommen, um eine totale Katastrophe zu vermeiden. Der Wetterbericht sieht im Moment ganz gut aus. Die Richtung einer eventuellen Strahlungswolke lässt sich einigermaßen genau vorhersagen.
Der SuperCargo hat erklärt, dass er auf keinen Fall mit nach Yokohama geht. Er müsste von dort mit dem Flugzeug zurück und ob das klappen würde? Einer der Ingenieure erklärt uns, dass die Seeleute weder von der Reederei noch vom Kapitän gezwungen werden können in ein Krisengebiet zu fahren. Hat also nichts mit Meuterei zu tun, wenn jemand für sich entscheidet, das Schiff in einem solchen Fall vorzeitig zu verlassen.
Wir marschieren noch mal ins Sheraton-Hotel neueste Nachrichten ansehen. Die Japaner kämpfen verzweifelt gegen den Super-GAU. Eine neue Stromversorgung für die Kühlungspumpen muss her! 50 Leute, die im unmittelbaren Bereich arbeiten, opfern sich sozusagen für ihr Volk, denn die Extremstrahlung dürfte kaum jemand langfristig überleben.
Erstaunt bin ich wieder mal, wer sich im fernen Deutschland so alles berufen fühlt, die Lage hier in Japan ‚fachmännisch‘ zu beurteilen?! Hat man das Erdbeben auch in Deutschland gespürt, oder warum müssen sofort einige AKWs vom Netz? Politische Entscheidungen zum Haare raufen! Aber lassen wir das - ich empfinde dieses planlose Chaos in Deutschland jedenfalls vor dem Hintergrund der hiesigen Ereignisse als besonders schlimm!
Wir haben noch bis in die Nacht zu laden. Am Abend erwarten wir die Entscheidung wie es weitergehen soll. Bei der Immigration melden wir uns um 15:00 Uhr ab. In Japan arbeiten Behörden üblicherweise am Wochenende nicht. Danach dürfen wir nicht mehr von Bord. Warten…

Samstag, 19. März 2011 (72. Tag)  Kobe (Japan)
Der ChiefMate hat uns gestern Abend spät noch informiert, dass wir nicht nach Yokohama fahren. Unsere dortige Fracht wird nach Kobe gebracht. Respekt! Das erscheint uns eine sehr gute und ausgewogene Entscheidung zu sein. Wir müssen dadurch allerdings noch bis Montag in Kobe bleiben und fahren dann von hier direkt nach Seattle/USA. Schade dass wir schon ausklariert sind. Kein Landgang mehr möglich, sondern nur noch warten auf die Fracht…

Sonntag, 20. März 2011 (73. Tag)  Kobe (Japan)
Pancake zum Frühstück – also schon wieder mal Sonntag. Wir warten auf die Fracht aus Yokohama. Wie war das noch mal mit der asiatischen Gelassenheit? Das wird schon…. Die Kräne sind ausgefahren und startklar; es kann also sofort mit dem Verladen weitergehen. Warten….
Jürgen badet wieder seine Würmer. Leider ohne nennenswerten Erfolg. Mittlerweile hab ich die Spielregeln für ‚Mahjong‘ (altes chinesisches Spiel) kapiert. Macht zur Verkürzung der Wartezeit (oder einfach mal zur Abwechslung) richtig Spaß.       

Montag, 21. März 2011 (74. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Frühlingsanfang im japanischen Regen. Im Hafen auf einem Schiff festzusitzen, ohne an Land zu dürfen, ist einfach nur blöd und nervt gewaltig! Lieber offene See, da hat man wenigstens das Gefühl, das es vorangeht. Birgitt hat heute ‚runden‘ Geburtstag – Herzlichen Glückwunsch und alles Gute! Leider kann ich mangels Netz nicht anrufen (Sie ist bestimmt sowieso nicht im Büro sondern irgendwo im Süden?).
Heute Morgen ist das Schiff aus Yokohama eingetroffen und hat längsseits festgemacht. Die Jungs setzten mit dem Kran mal eben einen Gabelstapler in das andere Schiff und die mitgebrachten Stahlplatten und Stahlrollen werden umgeladen.
Uns gegenüber wird ein Autotransporter mit Baumaschinen, Baggern, und Radladern beladen. Millionenwerte verschwinden im Bauch des riesigen Spezialtransporters. Man hat den Eindruck, die Maschinen werden, wie beim Einkaufen, einfach so aus dem ‚Regal‘ genommen und es wird immer wieder nachgefüllt. Jedenfalls werden die Bestände an Land kaum geringer. Mit den Maschinen, die hier in einer Stunde verladen werden, kämen wir in der Firma wohl die nächsten zehn Jahre aus.
Um 18:00 Uhr legen wir endlich ab und verlassen Japan in Richtung Amerika (hoffentlich ohne zu strahlen). Für die Strecke nach Seattle werden wir ungefähr zwei Wochen auf dem Nord-Pazifik unterwegs sein. (ca. 5.000 Seemeilen oder gut 9.000 km) Voraussichtliche Ankunft 3./4. April 2011.

Dienstag, 22. März 2011 - UTC+10 - (75. Tag) Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Regen, 11°C, steifer Wind aus Nordost Stärke 7, grobe See, Wellenhöhe 3-6 m, Heute Nacht bin ich mehrfach aufgewacht. Wir haben das offene Meer erreicht, es schaukelt ganz schön heftig und manchmal rütteln kurze harte Schläge unser Schiff gehörig durch. Hoffentlich geht das die nächsten 15.000 km bis zum Panamakanal nicht so weiter. Irgendwie geht es mir heute gar nicht gut. War gestern Abend der Bacardi schlecht oder liegt es an dieser nicht enden wollenden Schaukelei? Zum Karaoke hab ich heute Abend jedenfalls keine Lust und verkrieche mich schon früh in meine Koje.

Mittwoch, 23. März 2011 (76. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Kaum geschlafen heute Nacht. Der Seegang ist heftig und beim Eintauchen in die hohen Wellen kracht es im Schiff manchmal, dass man denken könnte es bricht durch. Auch unsere Jungs bleiben nicht von Seekrankheit verschont. Jose ist beim Frühstück ganz blass um die Nase. Der ‚Dritte‘ meint er müsse sich erst wieder an raues Wasser gewöhnen. Das er nach einem längeren Landurlaub beim ersten Sturm schon mal spucken müsse, sei für ihn normal. Am Vormittag wird es ruhiger (Nur noch 5 Windstärken). Die Zimmerleute kontrollieren die Ladung und ziehen Ketten und Spanngurte nach. Die Sonne blinzelt schon mal durch die Wolken. Wir sind auf 33°N, also in Höhe von Nordafrika und trotzdem ist es relativ kalt.
Nachmittag: Der Wind hat auf NW gedreht und auf 45 Knoten zugenommen (Sturm Stärke 9),  Wellen 5-7 m, zum Glück kommt der Wind von achtern. Wir müssen nicht gegen an bolzen sondern rollen nur in den langen Wellen hin und her. Mittagsschlaf bei 17°C und Sonnenschein gut eingepackt an Deck. Einfach schön. Am späten Nachmittag nimmt der Wind wieder auf sieben ab (immer noch ganz schön heftig).

Donnerstag, 24. März 2011 - UTC+11 - (77. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Beim Frühstück sind wir heute nur zu viert. Rina hat vergessen den Wecker eine Stunde vorzustellen und prompt verschlafen. Kurs 90° auf dem 32sten Breitengrad gen Osten. Wir umfahren so weit südlich zwei große Schlechtwettergebiete. Safety first! Wind 5-6 von achtern, 15 Knoten. Unser AIS-System zeigt mittlerweile keine Schiffe mehr in unserer Umgebung.
Schnüff – wir sind jetzt ganz allein auf dem riesigen Ozean und noch über 3.000 Meilen vom Festland entfernt. Ach nee, es sind ja nur etwa fünftausend Meter – nach unten :-)
Nach dem Abendessen via Satellit kurzer Anruf bei Musie. Alles OK! So ein kurzes Telefonat ist doch immer wieder beruhigend.
Karaoke bis zum Abwinken

Freitag, 25. März 2011 (78. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Unruhige Nacht. Zwar kein starker Wind mehr, aber die Auswirkungen der Schlechtwettergebiete bekommen wir in Form von hoher Dünung zu spüren. Wir pendeln sehr stark hin und her. Nicht nur das Schiff rollt, sondern nicht gesicherte Gegenstände machen sich selbständig und kullern durch die Kabine. Es knackt, quietscht, klappert in allen Ecken. Ständig hat man das Gefühl aus der Koje zu rollen. Den Inhalt des Kühlschrankes muss ich erst mal mit diversen Toilettenpapier-Einlagen zur Ruhe bringen. Jürgens Frühstückssuppe schwappt ihm auf die Hose. Wie war das, bei Seegang empfiehlt es sich, den Teller nur halb voll zu machen! Die umfallenden Flaschen und Marmeladengläser sind zum Glück fest verschlossen. Seefahrt live und heute hab ich auch noch Waschtag.
…und schon wieder ein runder Geburtstag - Herzlichen Glückwunsch Matthias - Ich trinke heute Abend ein Bier auf Dein Wohl. Ihr schlaft ja jetzt noch. Wie schön wäre jetzt ein kühles Hefeweizen vom Fass! Muss mich leider mit Dosenbier ‚Tsingtau‘ aus China oder ‚San Miguel‘ aus Vietnam begnügen. Andere Marken haben wir gerade nicht im Angebot.

Samstag, 26. März 2011 (79. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
,Wippsteert' will mit nach Amerika
Position 33°N, 166°E. Erholung auf See. K. b. V. Den einen oder anderen kreisenden Albatros bekommen wir zu Gesicht. Diese imposanten Vögel mit Flügelspannweiten bis zu 3,50m sind an das Leben hier draußen optimal angepasst. Über eine einzelne Bachstelze sind wir allerdings ziemlich erstaunt. Verflogen? Das nächste Festland sind die durch den Pazifikkrieg bekannt gewordenen Midway-Inseln. Sie gehören zu Hawaii und liegen südöstlich von uns knapp 1.000 Seemeilen entfernt. Also ‚Wippsteert‘ gute Reise, oder bleib doch einfach bis Amerika bei uns an Bord.

Sonntag, 27. März 2011 - UTC+12 - (80. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Immer noch Kurs 90° in den ‚Rossbreiten‘ südlich der unruhigen Gebiete. Erst in etwa vier Tagen werden wir einen Bogen nach Nordosten fahren. Ein zusätzlicher Reisetag zur Umgehung der Schlechtwettergebiete wird für die Sicherheit in Kauf genommen. Containerschiffe, Tanker und Bulker (Massengutschiffe) nehmen darauf meist keine Rücksicht. Deren Ladung ist allerdings auch nicht so sensibel wie unsere Schwertransporte und ihr Zeitplan in der Regel nicht sehr flexibel. Neben den längeren Liegezeiten noch ein Grund für die Reise auf einem Stückgut- bzw. Vielzweckschiff oder ‚MPV - Multi Purpose Vessel‘ wie es in der Fachsprache heißt.

Kindheitserinnerungen:
Küche, Küchenstuhl her, Fußbank drauf, Aufsitzen, Kittelschürze um den Hals, Haarschneider auspacken und los geht’s: ‚Onkel Heinis‘ Einheitsfrisur gefällig! - 50 Jahre später: Aufenthaltsraum, Stuhl her (ohne Fußbank), Hinsetzen, Tischdecke um den Hals, Gartenschere zur Hand und los geht’s: philippinische Einheitsfrisur gefällig! – Sehr schön, extrem kurz, aber bis USA dauert es ja noch und Fotos verbieten sich von selbst.

Sonntag, 27. März 2011  -  Der geschenkte Sonntag !  -  UTC-12
Kurios, weit über die Hälfte der Reise(zeit) liegt hinter uns; Kurs Richtung Heimat (90°) und wir entfernen uns trotzdem noch immer weiter von zu Hause! Kurios auch, dass wir jetzt ein besonders langes Wochenende haben. An der Datumsgrenze (180° East/West) stellen wir den Kalender um einen Tag zurück (Von UTC+12/East auf UTC-12/West). Den Sonntag erleben wir also zweimal, d.h. die Jungs haben zweimal einen halben Tag frei. Grund für eine ausgiebige Karaoke-Party. – Phantomschmerzen ? Ich weiß nicht, aber meine nicht mehr vorhandenen Haare tun mir heute Morgen ganz schön weh!? Besonders kurios, unser neuer Zimmermann Cristian hat zwei Tage lang Geburtstag. Wer kann schon von sich sagen das einmal erlebt zu haben?
In den USA gilt die Sommerzeit bereits seit dem 2. März-Wochenende. Bei uns wird erst am letzten WE im März umgestellt. Das erklärt die Stunde Differenz in meiner Uhrzeitenübersicht. Bei so vielen Besonderheiten kann man mit den Zeiten schon mal durcheinander kommen. Eselsbrücke für Seeleute: Ost nach West hält Datum fest; West nach Oost lässt Datum loos!

Montag, 28. März 2011 – UTC-11 - (81. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Nanu so warm heute Morgen, 22°C ? Der Kurs geht nach Süd-Ost (110°) anstatt nach Nord-Ost? Kontrollgang auf die Brücke. Tatsächlich!? Hat der Kapitän eventuell noch ein Date auf dem nahen Hawaii? Er hat mir erzählt, dass Hawaii zu seinen liebsten Urlaubszielen gehört. Leider nein, wir weichen dem Tiefdruckgebiet noch weiter nach Süden aus. Safety first! Ankunft Seattle? We’ll see!

Überraschung an Deck: Der kleine ‚Wippsteert‘ ist noch da! Er hat sich offenbar doch entschlossen, mit uns nach Amerika zu „fliegen“.
Zur Not frisst der Teufel Fliegen - hätte ich man welche
Albatrosse im Flug zu beobachten ist beeindruckend. Sie segeln stundenlang elegant und energiesparend dicht übers Meer, ohne einen einzigen Flügelschlag. Wenn sie etwas fressbares entdecken, landen sie auf dem Wasser. Zum Start werden die riesigen Flügel ausgebreitet und mit ein paar kurzen Schlägen geht’s wieder los. Fast wie beim Segelfliegen auf dem Höpen, nur eben ohne Seilwinde. Ohne Wind könnten sie übrigens nicht überleben (das wäre zu anstrengend), ein Grund dafür, dass sie in den ruhigeren  Ozeangebieten (Kalmen) nicht vorkommen. Ihre Starts und Landungen an Land sind allerdings weniger elegant! Die Beine sind einfach zu kurz – Oi joi joi joi joi....
Laysan-Albatross

Dienstag, 29. März 2011 – UTC-10 - (82. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Meine persönliche Wandkarte zeigt, dass wir den Globus gestern halb umrundet haben. Position gestern Abend um 18:20 Uhr 30°N, 170°W, neuer Kur 90°. Schön warm hier in der Nähe von Hawaii, aber wenn wir so weiterfahren erreichen wir Seattle nie! Seattle liegt rund tausend Seemeilen weiter nördlich, auf 47°36’N, 122°19’W noch ungefähr 2.400 Meilen entfernt.
Hinweis für Landratten: Ein Grad N/S entspricht 60 Minuten/Seemeilen. Die Grad-Minute N/S ist somit eine Seemeile. Seattle liegt also 1.056 Seemeilen weiter nördlich: 47°36‘N minus 30°0’N = 17°Grad36‘Minuten, (17x60=1.020, plus 36=1.056) Alles klar?
…hoffentlich hab ich mich jetzt nicht verrechnet.

Beim Mittagessen stellen wir fest, dass es keinen frischen Salat und kein frisches Obst mehr gibt. Bei einer so langen Fahrt ist eine Umstellung der Verpflegung unumgänglich. Erschwerend kommt hinzu, dass wir in Japan keinen Proviant mehr aufnehmen konnten. Was soll’s? Noch knapp eine Woche bis Seattle, dann wird wieder frisch gebunkert. Obst aus der Dose und Mixed Pickles schmecken ja auch.
Heute ist offenbar Albatros-Tag. Zu unseren dunklen Dauerbegleitern kommt noch ein fast weißes Paar dazu. Die beiden scheinen neugierig zu sein. Jedenfalls kommen sie immer wieder ganz dicht an die Brücke und wir können sie ausgiebig fotografieren. Offenbar gibt es bei Albatrossens jetzt auch so was wie Frühlingsgefühle. Hawaii dürfte auf jeden Fall ein guter Platz sein um den Nachwuchs aufzuziehen.
Sonnenuntergang bei Hawaii

Mittwoch, 30. März 2011 – UTC-9 - (83. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Upps - da fällt mir doch fast der Computer vom Tisch. Man sieht die sehr lang auslaufenden Wellen in der stahlblauen See kaum, aber wenn sie quer zum Schiff kommen haut es einen fast um. Sie sind noch mehrere Meter hoch und ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, mitten in ein Unwetter zu geraten, in dem die Wellen über 20 Meter hoch sein können und es den Sturm noch gratis dazu gibt.                Der Kapitän ist ganz erstaunt, unser „stowaway“ (blinder Passagier) aus Japan ist immer noch an Bord. ‚Wippsteert‘ findet es auf dem Küchendeck offenbar ganz angenehm. Jürgen versorgt ihn regelmäßig mit Wasser und feingeschnittenem Fisch. Mal sehen ob wir ihn gesund nach Amerika bekommen? Verlangen die Amis eigentlich auch ein Bachstelzen-Visum?
Solche Brecher sind zum Glück die Ausnahme

Telefonat mit Musie über Satellit. Lagemeldung von hoher See! Warum sollte mir langweilig sein? Nein es ist nicht langweilig, nur ruhig und gemütlich, und ganz wichtig: ich hab hier kein schlechtes Gewissen beim Nichts Tun!! – Sieben Uhr aufstehen, drei mal am Tag zum Essen, Treppensport, Mittagsschlaf, Albatrosse beobachten, nach Delfinen und Walen Ausschau halten, einfach nur aufs Wasser gucken, Klönen, Fotos machen und bearbeiten, Tagebuch und Seekarte führen, Lage auf der Brücke erkunden, mit den Wachhabenden schnacken, zwischendurch Waschtag, Sonnen, Bücher lesen, Musik hören, abends einen Kinofilm ansehen oder Karaoke-Party bei den Jungs. Der nächste Landgang wartet ja immer, also den Zielort bei Wikipedia studieren. Wenn gar nichts mehr geht, versuche ich den Computer beim Schach zu schlagen oder spiele Karten bzw. Mahjong.
Natürlich muss man sich selbst aushalten können, sonst könnte es schwierig werden. Die Stimmung unter uns Passagieren ist nach wie vor bestens. Wir wussten was uns erwartet. Hektik und Stress sind an Bord Fremdwörter. Die Crew arbeitet sehr gut organisiert und hochprofessionell, aber niemals hektisch. Der Rhythmus ist einfach nur anders. Auch diese Erfahrung ist ja Teil meines Abenteuers Weltumrundung.

Donnerstag, 31. März 2011 (84. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Das Schiff rollt immer noch in der Dünung. Gefühl wie als Kleinkind in der Wiege. Um nicht aus der Koje zu rollen versuche ich in stabiler Seitenlage zu schlafen und mit einem zweiten Kissen im Rücken, das Rauskullern zu verhindern.

Freitag, 1. April 2011 – UTC-8 - (85. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Die Dünung hat abgenommen. Denkst de, seit heute Nacht um zwei haben wir wieder mal Windstärke 7 aus SE-E. Im Nord-Pazifik gibt es um diese Jahreszeit offenbar keine ruhige See. An Schlafen ist kaum noch zu denken. Beim Leben an Bord stört der starke Seegang zwar nicht so sehr (immer gut festhalten), nur nachts findet man kaum Ruhe. Der ‚Dritte‘ empfiehlt mir aufs Sofa zu wechseln, weil das quer eingebaut ist. Leider zu kurz für mich! Also jede Minute nutzen um Schlaf nachzuholen.
Rechtzeitig bunkern und gut verstauen ...

Samstag, 2. April 2011 (86. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Neptuns Versöhnungsversuch: Nur noch 4 Windstärken und keine Schaumkronen mehr auf den Wellen. Ruhige Fahrt, ansonsten K. b. V.

Sonntag, 3. April 2011 – UTC-7 - (87. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Ick glöv, us Koopmann hätt hütte Geburtsdach. Wilhelm, herzlichen Glückwunsch und hol di fuchtich!


Montag, 4. April 2011 (88. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
09:00 Uhr „Land in Sicht!!!“ Pazifik Teil eins ist geschafft. Tolles Gefühl! Gegen Abend werden wir in Seattle sein. Amerika empfängt uns leider mit tief hängenden Regenwolken und winterlichen Temperaturen. 12:53 Uhr, der Pilot kommt mit Power-Boot sieben Minuten vor dem vereinbarten Termin. (Das hatten wir schon anders.)
Endlich auch wieder ein Handy-Netz um Lebenszeichen nach Hause zu simsen…

Antworten auf häufige Fragen:
Ich bin davon überzeugt, wir strahlen nicht. Wir sind in einem weiten Bogen fast bis nach Hawaii gefahren. Außerdem werden die Amerikaner Schiffe, die aus Japan kommen, ganz bestimmt besonders gründlich untersuchen. Erst dann wird die Ladung gelöscht werden dürfen. We’ll see!

Die Stimmung unter uns Passagieren ist nach wie vor prächtig. Unser Eigenbrötler geht weiterhin seine eigenen Wege. Wir anderen genießen unsere tolle Reise und haben Spaß an den Dingen, die unser Schiffsalltag so bietet. Auf See eben vor allem viel Zeit und Ruhe. Besser geht’s kaum!

Soeben in Seattle angekommen. 
Die Messungen mit den Geigerzählern haben bestätigt:
Keine Strahlung auf der 'Rickmers Hamburg' ! Alles bestens!

Dienstag, 5. April 2011 (89. Tag)  Seattle (USA)
Erika - Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! - Spekuliere mal, dass die  Mädels heute Morgen in der Lindenstraße zum frühstücken sind!?  Viele Grüße und viel Spaß - Ich schlafe noch ....