Dienstag, 5. April 2011

13. Kobe - Seattle (USA)

Freitag, 18. März 2011 (71. Tag)  Kobe (Japan)
Der neue Kapitän informiert die Crew und uns auf der Brücke ausführlich und sehr detailliert über den Stand der Dinge. Die Japaner versuchen das Kühlsystem wieder in Betrieb zu bekommen, um eine totale Katastrophe zu vermeiden. Der Wetterbericht sieht im Moment ganz gut aus. Die Richtung einer eventuellen Strahlungswolke lässt sich einigermaßen genau vorhersagen.
Der SuperCargo hat erklärt, dass er auf keinen Fall mit nach Yokohama geht. Er müsste von dort mit dem Flugzeug zurück und ob das klappen würde? Einer der Ingenieure erklärt uns, dass die Seeleute weder von der Reederei noch vom Kapitän gezwungen werden können in ein Krisengebiet zu fahren. Hat also nichts mit Meuterei zu tun, wenn jemand für sich entscheidet, das Schiff in einem solchen Fall vorzeitig zu verlassen.
Wir marschieren noch mal ins Sheraton-Hotel neueste Nachrichten ansehen. Die Japaner kämpfen verzweifelt gegen den Super-GAU. Eine neue Stromversorgung für die Kühlungspumpen muss her! 50 Leute, die im unmittelbaren Bereich arbeiten, opfern sich sozusagen für ihr Volk, denn die Extremstrahlung dürfte kaum jemand langfristig überleben.
Erstaunt bin ich wieder mal, wer sich im fernen Deutschland so alles berufen fühlt, die Lage hier in Japan ‚fachmännisch‘ zu beurteilen?! Hat man das Erdbeben auch in Deutschland gespürt, oder warum müssen sofort einige AKWs vom Netz? Politische Entscheidungen zum Haare raufen! Aber lassen wir das - ich empfinde dieses planlose Chaos in Deutschland jedenfalls vor dem Hintergrund der hiesigen Ereignisse als besonders schlimm!
Wir haben noch bis in die Nacht zu laden. Am Abend erwarten wir die Entscheidung wie es weitergehen soll. Bei der Immigration melden wir uns um 15:00 Uhr ab. In Japan arbeiten Behörden üblicherweise am Wochenende nicht. Danach dürfen wir nicht mehr von Bord. Warten…

Samstag, 19. März 2011 (72. Tag)  Kobe (Japan)
Der ChiefMate hat uns gestern Abend spät noch informiert, dass wir nicht nach Yokohama fahren. Unsere dortige Fracht wird nach Kobe gebracht. Respekt! Das erscheint uns eine sehr gute und ausgewogene Entscheidung zu sein. Wir müssen dadurch allerdings noch bis Montag in Kobe bleiben und fahren dann von hier direkt nach Seattle/USA. Schade dass wir schon ausklariert sind. Kein Landgang mehr möglich, sondern nur noch warten auf die Fracht…

Sonntag, 20. März 2011 (73. Tag)  Kobe (Japan)
Pancake zum Frühstück – also schon wieder mal Sonntag. Wir warten auf die Fracht aus Yokohama. Wie war das noch mal mit der asiatischen Gelassenheit? Das wird schon…. Die Kräne sind ausgefahren und startklar; es kann also sofort mit dem Verladen weitergehen. Warten….
Jürgen badet wieder seine Würmer. Leider ohne nennenswerten Erfolg. Mittlerweile hab ich die Spielregeln für ‚Mahjong‘ (altes chinesisches Spiel) kapiert. Macht zur Verkürzung der Wartezeit (oder einfach mal zur Abwechslung) richtig Spaß.       

Montag, 21. März 2011 (74. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Frühlingsanfang im japanischen Regen. Im Hafen auf einem Schiff festzusitzen, ohne an Land zu dürfen, ist einfach nur blöd und nervt gewaltig! Lieber offene See, da hat man wenigstens das Gefühl, das es vorangeht. Birgitt hat heute ‚runden‘ Geburtstag – Herzlichen Glückwunsch und alles Gute! Leider kann ich mangels Netz nicht anrufen (Sie ist bestimmt sowieso nicht im Büro sondern irgendwo im Süden?).
Heute Morgen ist das Schiff aus Yokohama eingetroffen und hat längsseits festgemacht. Die Jungs setzten mit dem Kran mal eben einen Gabelstapler in das andere Schiff und die mitgebrachten Stahlplatten und Stahlrollen werden umgeladen.
Uns gegenüber wird ein Autotransporter mit Baumaschinen, Baggern, und Radladern beladen. Millionenwerte verschwinden im Bauch des riesigen Spezialtransporters. Man hat den Eindruck, die Maschinen werden, wie beim Einkaufen, einfach so aus dem ‚Regal‘ genommen und es wird immer wieder nachgefüllt. Jedenfalls werden die Bestände an Land kaum geringer. Mit den Maschinen, die hier in einer Stunde verladen werden, kämen wir in der Firma wohl die nächsten zehn Jahre aus.
Um 18:00 Uhr legen wir endlich ab und verlassen Japan in Richtung Amerika (hoffentlich ohne zu strahlen). Für die Strecke nach Seattle werden wir ungefähr zwei Wochen auf dem Nord-Pazifik unterwegs sein. (ca. 5.000 Seemeilen oder gut 9.000 km) Voraussichtliche Ankunft 3./4. April 2011.

Dienstag, 22. März 2011 - UTC+10 - (75. Tag) Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Regen, 11°C, steifer Wind aus Nordost Stärke 7, grobe See, Wellenhöhe 3-6 m, Heute Nacht bin ich mehrfach aufgewacht. Wir haben das offene Meer erreicht, es schaukelt ganz schön heftig und manchmal rütteln kurze harte Schläge unser Schiff gehörig durch. Hoffentlich geht das die nächsten 15.000 km bis zum Panamakanal nicht so weiter. Irgendwie geht es mir heute gar nicht gut. War gestern Abend der Bacardi schlecht oder liegt es an dieser nicht enden wollenden Schaukelei? Zum Karaoke hab ich heute Abend jedenfalls keine Lust und verkrieche mich schon früh in meine Koje.

Mittwoch, 23. März 2011 (76. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Kaum geschlafen heute Nacht. Der Seegang ist heftig und beim Eintauchen in die hohen Wellen kracht es im Schiff manchmal, dass man denken könnte es bricht durch. Auch unsere Jungs bleiben nicht von Seekrankheit verschont. Jose ist beim Frühstück ganz blass um die Nase. Der ‚Dritte‘ meint er müsse sich erst wieder an raues Wasser gewöhnen. Das er nach einem längeren Landurlaub beim ersten Sturm schon mal spucken müsse, sei für ihn normal. Am Vormittag wird es ruhiger (Nur noch 5 Windstärken). Die Zimmerleute kontrollieren die Ladung und ziehen Ketten und Spanngurte nach. Die Sonne blinzelt schon mal durch die Wolken. Wir sind auf 33°N, also in Höhe von Nordafrika und trotzdem ist es relativ kalt.
Nachmittag: Der Wind hat auf NW gedreht und auf 45 Knoten zugenommen (Sturm Stärke 9),  Wellen 5-7 m, zum Glück kommt der Wind von achtern. Wir müssen nicht gegen an bolzen sondern rollen nur in den langen Wellen hin und her. Mittagsschlaf bei 17°C und Sonnenschein gut eingepackt an Deck. Einfach schön. Am späten Nachmittag nimmt der Wind wieder auf sieben ab (immer noch ganz schön heftig).

Donnerstag, 24. März 2011 - UTC+11 - (77. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Beim Frühstück sind wir heute nur zu viert. Rina hat vergessen den Wecker eine Stunde vorzustellen und prompt verschlafen. Kurs 90° auf dem 32sten Breitengrad gen Osten. Wir umfahren so weit südlich zwei große Schlechtwettergebiete. Safety first! Wind 5-6 von achtern, 15 Knoten. Unser AIS-System zeigt mittlerweile keine Schiffe mehr in unserer Umgebung.
Schnüff – wir sind jetzt ganz allein auf dem riesigen Ozean und noch über 3.000 Meilen vom Festland entfernt. Ach nee, es sind ja nur etwa fünftausend Meter – nach unten :-)
Nach dem Abendessen via Satellit kurzer Anruf bei Musie. Alles OK! So ein kurzes Telefonat ist doch immer wieder beruhigend.
Karaoke bis zum Abwinken

Freitag, 25. März 2011 (78. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Unruhige Nacht. Zwar kein starker Wind mehr, aber die Auswirkungen der Schlechtwettergebiete bekommen wir in Form von hoher Dünung zu spüren. Wir pendeln sehr stark hin und her. Nicht nur das Schiff rollt, sondern nicht gesicherte Gegenstände machen sich selbständig und kullern durch die Kabine. Es knackt, quietscht, klappert in allen Ecken. Ständig hat man das Gefühl aus der Koje zu rollen. Den Inhalt des Kühlschrankes muss ich erst mal mit diversen Toilettenpapier-Einlagen zur Ruhe bringen. Jürgens Frühstückssuppe schwappt ihm auf die Hose. Wie war das, bei Seegang empfiehlt es sich, den Teller nur halb voll zu machen! Die umfallenden Flaschen und Marmeladengläser sind zum Glück fest verschlossen. Seefahrt live und heute hab ich auch noch Waschtag.
…und schon wieder ein runder Geburtstag - Herzlichen Glückwunsch Matthias - Ich trinke heute Abend ein Bier auf Dein Wohl. Ihr schlaft ja jetzt noch. Wie schön wäre jetzt ein kühles Hefeweizen vom Fass! Muss mich leider mit Dosenbier ‚Tsingtau‘ aus China oder ‚San Miguel‘ aus Vietnam begnügen. Andere Marken haben wir gerade nicht im Angebot.

Samstag, 26. März 2011 (79. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
,Wippsteert' will mit nach Amerika
Position 33°N, 166°E. Erholung auf See. K. b. V. Den einen oder anderen kreisenden Albatros bekommen wir zu Gesicht. Diese imposanten Vögel mit Flügelspannweiten bis zu 3,50m sind an das Leben hier draußen optimal angepasst. Über eine einzelne Bachstelze sind wir allerdings ziemlich erstaunt. Verflogen? Das nächste Festland sind die durch den Pazifikkrieg bekannt gewordenen Midway-Inseln. Sie gehören zu Hawaii und liegen südöstlich von uns knapp 1.000 Seemeilen entfernt. Also ‚Wippsteert‘ gute Reise, oder bleib doch einfach bis Amerika bei uns an Bord.

Sonntag, 27. März 2011 - UTC+12 - (80. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Immer noch Kurs 90° in den ‚Rossbreiten‘ südlich der unruhigen Gebiete. Erst in etwa vier Tagen werden wir einen Bogen nach Nordosten fahren. Ein zusätzlicher Reisetag zur Umgehung der Schlechtwettergebiete wird für die Sicherheit in Kauf genommen. Containerschiffe, Tanker und Bulker (Massengutschiffe) nehmen darauf meist keine Rücksicht. Deren Ladung ist allerdings auch nicht so sensibel wie unsere Schwertransporte und ihr Zeitplan in der Regel nicht sehr flexibel. Neben den längeren Liegezeiten noch ein Grund für die Reise auf einem Stückgut- bzw. Vielzweckschiff oder ‚MPV - Multi Purpose Vessel‘ wie es in der Fachsprache heißt.

Kindheitserinnerungen:
Küche, Küchenstuhl her, Fußbank drauf, Aufsitzen, Kittelschürze um den Hals, Haarschneider auspacken und los geht’s: ‚Onkel Heinis‘ Einheitsfrisur gefällig! - 50 Jahre später: Aufenthaltsraum, Stuhl her (ohne Fußbank), Hinsetzen, Tischdecke um den Hals, Gartenschere zur Hand und los geht’s: philippinische Einheitsfrisur gefällig! – Sehr schön, extrem kurz, aber bis USA dauert es ja noch und Fotos verbieten sich von selbst.

Sonntag, 27. März 2011  -  Der geschenkte Sonntag !  -  UTC-12
Kurios, weit über die Hälfte der Reise(zeit) liegt hinter uns; Kurs Richtung Heimat (90°) und wir entfernen uns trotzdem noch immer weiter von zu Hause! Kurios auch, dass wir jetzt ein besonders langes Wochenende haben. An der Datumsgrenze (180° East/West) stellen wir den Kalender um einen Tag zurück (Von UTC+12/East auf UTC-12/West). Den Sonntag erleben wir also zweimal, d.h. die Jungs haben zweimal einen halben Tag frei. Grund für eine ausgiebige Karaoke-Party. – Phantomschmerzen ? Ich weiß nicht, aber meine nicht mehr vorhandenen Haare tun mir heute Morgen ganz schön weh!? Besonders kurios, unser neuer Zimmermann Cristian hat zwei Tage lang Geburtstag. Wer kann schon von sich sagen das einmal erlebt zu haben?
In den USA gilt die Sommerzeit bereits seit dem 2. März-Wochenende. Bei uns wird erst am letzten WE im März umgestellt. Das erklärt die Stunde Differenz in meiner Uhrzeitenübersicht. Bei so vielen Besonderheiten kann man mit den Zeiten schon mal durcheinander kommen. Eselsbrücke für Seeleute: Ost nach West hält Datum fest; West nach Oost lässt Datum loos!

Montag, 28. März 2011 – UTC-11 - (81. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Nanu so warm heute Morgen, 22°C ? Der Kurs geht nach Süd-Ost (110°) anstatt nach Nord-Ost? Kontrollgang auf die Brücke. Tatsächlich!? Hat der Kapitän eventuell noch ein Date auf dem nahen Hawaii? Er hat mir erzählt, dass Hawaii zu seinen liebsten Urlaubszielen gehört. Leider nein, wir weichen dem Tiefdruckgebiet noch weiter nach Süden aus. Safety first! Ankunft Seattle? We’ll see!

Überraschung an Deck: Der kleine ‚Wippsteert‘ ist noch da! Er hat sich offenbar doch entschlossen, mit uns nach Amerika zu „fliegen“.
Zur Not frisst der Teufel Fliegen - hätte ich man welche
Albatrosse im Flug zu beobachten ist beeindruckend. Sie segeln stundenlang elegant und energiesparend dicht übers Meer, ohne einen einzigen Flügelschlag. Wenn sie etwas fressbares entdecken, landen sie auf dem Wasser. Zum Start werden die riesigen Flügel ausgebreitet und mit ein paar kurzen Schlägen geht’s wieder los. Fast wie beim Segelfliegen auf dem Höpen, nur eben ohne Seilwinde. Ohne Wind könnten sie übrigens nicht überleben (das wäre zu anstrengend), ein Grund dafür, dass sie in den ruhigeren  Ozeangebieten (Kalmen) nicht vorkommen. Ihre Starts und Landungen an Land sind allerdings weniger elegant! Die Beine sind einfach zu kurz – Oi joi joi joi joi....
Laysan-Albatross

Dienstag, 29. März 2011 – UTC-10 - (82. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Meine persönliche Wandkarte zeigt, dass wir den Globus gestern halb umrundet haben. Position gestern Abend um 18:20 Uhr 30°N, 170°W, neuer Kur 90°. Schön warm hier in der Nähe von Hawaii, aber wenn wir so weiterfahren erreichen wir Seattle nie! Seattle liegt rund tausend Seemeilen weiter nördlich, auf 47°36’N, 122°19’W noch ungefähr 2.400 Meilen entfernt.
Hinweis für Landratten: Ein Grad N/S entspricht 60 Minuten/Seemeilen. Die Grad-Minute N/S ist somit eine Seemeile. Seattle liegt also 1.056 Seemeilen weiter nördlich: 47°36‘N minus 30°0’N = 17°Grad36‘Minuten, (17x60=1.020, plus 36=1.056) Alles klar?
…hoffentlich hab ich mich jetzt nicht verrechnet.

Beim Mittagessen stellen wir fest, dass es keinen frischen Salat und kein frisches Obst mehr gibt. Bei einer so langen Fahrt ist eine Umstellung der Verpflegung unumgänglich. Erschwerend kommt hinzu, dass wir in Japan keinen Proviant mehr aufnehmen konnten. Was soll’s? Noch knapp eine Woche bis Seattle, dann wird wieder frisch gebunkert. Obst aus der Dose und Mixed Pickles schmecken ja auch.
Heute ist offenbar Albatros-Tag. Zu unseren dunklen Dauerbegleitern kommt noch ein fast weißes Paar dazu. Die beiden scheinen neugierig zu sein. Jedenfalls kommen sie immer wieder ganz dicht an die Brücke und wir können sie ausgiebig fotografieren. Offenbar gibt es bei Albatrossens jetzt auch so was wie Frühlingsgefühle. Hawaii dürfte auf jeden Fall ein guter Platz sein um den Nachwuchs aufzuziehen.
Sonnenuntergang bei Hawaii

Mittwoch, 30. März 2011 – UTC-9 - (83. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Upps - da fällt mir doch fast der Computer vom Tisch. Man sieht die sehr lang auslaufenden Wellen in der stahlblauen See kaum, aber wenn sie quer zum Schiff kommen haut es einen fast um. Sie sind noch mehrere Meter hoch und ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, mitten in ein Unwetter zu geraten, in dem die Wellen über 20 Meter hoch sein können und es den Sturm noch gratis dazu gibt.                Der Kapitän ist ganz erstaunt, unser „stowaway“ (blinder Passagier) aus Japan ist immer noch an Bord. ‚Wippsteert‘ findet es auf dem Küchendeck offenbar ganz angenehm. Jürgen versorgt ihn regelmäßig mit Wasser und feingeschnittenem Fisch. Mal sehen ob wir ihn gesund nach Amerika bekommen? Verlangen die Amis eigentlich auch ein Bachstelzen-Visum?
Solche Brecher sind zum Glück die Ausnahme

Telefonat mit Musie über Satellit. Lagemeldung von hoher See! Warum sollte mir langweilig sein? Nein es ist nicht langweilig, nur ruhig und gemütlich, und ganz wichtig: ich hab hier kein schlechtes Gewissen beim Nichts Tun!! – Sieben Uhr aufstehen, drei mal am Tag zum Essen, Treppensport, Mittagsschlaf, Albatrosse beobachten, nach Delfinen und Walen Ausschau halten, einfach nur aufs Wasser gucken, Klönen, Fotos machen und bearbeiten, Tagebuch und Seekarte führen, Lage auf der Brücke erkunden, mit den Wachhabenden schnacken, zwischendurch Waschtag, Sonnen, Bücher lesen, Musik hören, abends einen Kinofilm ansehen oder Karaoke-Party bei den Jungs. Der nächste Landgang wartet ja immer, also den Zielort bei Wikipedia studieren. Wenn gar nichts mehr geht, versuche ich den Computer beim Schach zu schlagen oder spiele Karten bzw. Mahjong.
Natürlich muss man sich selbst aushalten können, sonst könnte es schwierig werden. Die Stimmung unter uns Passagieren ist nach wie vor bestens. Wir wussten was uns erwartet. Hektik und Stress sind an Bord Fremdwörter. Die Crew arbeitet sehr gut organisiert und hochprofessionell, aber niemals hektisch. Der Rhythmus ist einfach nur anders. Auch diese Erfahrung ist ja Teil meines Abenteuers Weltumrundung.

Donnerstag, 31. März 2011 (84. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Das Schiff rollt immer noch in der Dünung. Gefühl wie als Kleinkind in der Wiege. Um nicht aus der Koje zu rollen versuche ich in stabiler Seitenlage zu schlafen und mit einem zweiten Kissen im Rücken, das Rauskullern zu verhindern.

Freitag, 1. April 2011 – UTC-8 - (85. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Die Dünung hat abgenommen. Denkst de, seit heute Nacht um zwei haben wir wieder mal Windstärke 7 aus SE-E. Im Nord-Pazifik gibt es um diese Jahreszeit offenbar keine ruhige See. An Schlafen ist kaum noch zu denken. Beim Leben an Bord stört der starke Seegang zwar nicht so sehr (immer gut festhalten), nur nachts findet man kaum Ruhe. Der ‚Dritte‘ empfiehlt mir aufs Sofa zu wechseln, weil das quer eingebaut ist. Leider zu kurz für mich! Also jede Minute nutzen um Schlaf nachzuholen.
Rechtzeitig bunkern und gut verstauen ...

Samstag, 2. April 2011 (86. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Neptuns Versöhnungsversuch: Nur noch 4 Windstärken und keine Schaumkronen mehr auf den Wellen. Ruhige Fahrt, ansonsten K. b. V.

Sonntag, 3. April 2011 – UTC-7 - (87. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
Ick glöv, us Koopmann hätt hütte Geburtsdach. Wilhelm, herzlichen Glückwunsch und hol di fuchtich!


Montag, 4. April 2011 (88. Tag)  Kobe (Japan) – Seattle (USA)
09:00 Uhr „Land in Sicht!!!“ Pazifik Teil eins ist geschafft. Tolles Gefühl! Gegen Abend werden wir in Seattle sein. Amerika empfängt uns leider mit tief hängenden Regenwolken und winterlichen Temperaturen. 12:53 Uhr, der Pilot kommt mit Power-Boot sieben Minuten vor dem vereinbarten Termin. (Das hatten wir schon anders.)
Endlich auch wieder ein Handy-Netz um Lebenszeichen nach Hause zu simsen…

Antworten auf häufige Fragen:
Ich bin davon überzeugt, wir strahlen nicht. Wir sind in einem weiten Bogen fast bis nach Hawaii gefahren. Außerdem werden die Amerikaner Schiffe, die aus Japan kommen, ganz bestimmt besonders gründlich untersuchen. Erst dann wird die Ladung gelöscht werden dürfen. We’ll see!

Die Stimmung unter uns Passagieren ist nach wie vor prächtig. Unser Eigenbrötler geht weiterhin seine eigenen Wege. Wir anderen genießen unsere tolle Reise und haben Spaß an den Dingen, die unser Schiffsalltag so bietet. Auf See eben vor allem viel Zeit und Ruhe. Besser geht’s kaum!

Soeben in Seattle angekommen. 
Die Messungen mit den Geigerzählern haben bestätigt:
Keine Strahlung auf der 'Rickmers Hamburg' ! Alles bestens!

Dienstag, 5. April 2011 (89. Tag)  Seattle (USA)
Erika - Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! - Spekuliere mal, dass die  Mädels heute Morgen in der Lindenstraße zum frühstücken sind!?  Viele Grüße und viel Spaß - Ich schlafe noch ....

3 Kommentare:

h.-chf. hat gesagt…

Hallo Herr Walter.

schön dass Sie alle wohlbehalten, auch rein kommunikationstechnisch, angekommen sind. Muss frustrierend gewesen sein, Japan zu sehen und doch so wenig gesehen zu haben. Aber hauptsache allen geht es gut, auch der Bachstelze, und alle können den Geschmack von frischem Obst wieder mehr schätzen!
Gruss an alle aus Berlin,
Hans-Christian Förster

Heidschnucke Eckhard hat gesagt…

Hallo Seebär !

Schön, endlich wieder etwas von Dir zuhören. Wir waren ja auch schon lange ohne neue Nachricht von unserem Weltenbummler. Als Deine SMS kam, hatte ich schon gedacht das Du oben im Ausguck sitzt und Amerika "entdecken" wolltest wie seiner Zeit Ch. Kol. ! Wenn man so Deinen Bericht von der Pazifik Überquerung liest,sind wir sicherlich alle froh hier trocken auf dem flachen Land zu sitzen. Aber Du hast es Dir ja so erträumt und nun" genieße" es weiter .! Weiter gute Reise wünschen Dir Waltraud u. Eckhard

Anonym hat gesagt…

Hallo Walter,
wir sind froh wieder was von dir zu hören.
Hast bis jetzt ja ein tolles Abenteuer erlebt.
Wir wünschen dir weiter eine schöne Zeit.
Bleib schön Gesund.
Lg Sabine u. Volker