Donnerstag, 17. März 2011

12. Kobe (Japan)

Mittwoch, 16. März 2011 (69. Tag)  Kobe (Japan)
Unser Besuch hier in Japan steht natürlich ganz im Zeichen des Erdbebens vom vergangenen Freitag und den riesigen Schäden an den Atomkraftwerken. Hoffentlich bekommen die das in den Griff, sonst droht hier eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes. Unsere Bordzeitung gibt dazu leider nicht viel her.
Nach unserem Stadtbummel gehe ich ins Sheraton-Hotel und nutze die dortige WLAN-Verbindung. Zunächst einige Nachrichtensendungen im Schnelldurchgang ansehen. Dann Emails erledigen und über Skype endlich mal wieder ein langes Gespräch mit Musie. Die Reederei hat ihr am Telefon versichert, dass für die Sicherheit der Schiffsbesatzungen alles getan wird und auf keinen Fall irgendwelche Risiken eingegangen werden.

Hier im Süden ist von den Zerstörungen nichts zu merken. Wir bleiben ca. 2-3 Tage in Kobe. Ob wir noch weiter in Richtung Yokohama fahren ist immer noch unklar. Wir Passagiere schicken eine ‚Sorgen‘-Email zu Rickmers nach Hamburg. Wir haben große Bedenken weiter in die Richtung der zerstörten Atommeiler zu fahren.
Wir erleben die Japaner als ein sehr diszipliniertes Volk. Die Menschen sind sehr höflich und korrekt. Die ständigen Verbeugungen und die Verpflichtung, sich häufig seiner Schuhe entledigen zu müssen,  kommen uns ein wenig komisch vor. Ich verstehe auch nicht, weshalb man in einem winzigen Restaurant rauchen darf, aber draußen auf dem großen freien Platz nicht!? Leider versteht hier auch kaum jemand Englisch, so dass die Verständigung äußerst schwierig ist. In den Lokalen hat man zum Glück von allen Gerichten eine Plastikversion am Eingang stehen. So stellt die Auswahl beim Essen kein so großes Problem dar. Alles ist hier sehr sauber und ordentlich. (Es spuckt auch niemand ;-) !)
 In Kobe werden übrigens die Rinder gleichen Namens gezüchtet. Rindfleisch in Spitzenqualität, von dem das Kilo schon mal über 300,00€ kosten kann. Die Rinder werden mit einem speziellen Kraftfutter gemästet und von ihrem Halter jeden Tag mit einer speziellen Reisweinmixtur massiert. Durch diese Behandlung bekommt das Fleisch seine einzigartige Qualitätsmaserung. Üblicherweise verkauft der Halter nur ein Tier pro Jahr. Das reicht locker zum Leben, da er dafür einen sechsstelligen Euro-Betrag erzielen kann.

Das die Japaner ein sehr leistungsstarkes Volk sind, sieht man u. a. auch daran, dass die Stadt Kobe bei einem Erdbeben 1995 nahezu vollkommen zerstört war. Sie wurde mit einem gigantischen Aufwand (erdbebensicher?) wieder aufgebaut und man sieht heute nichts mehr von den Schäden.

Donnerstag, 17. März 2011 (70. Tag)  Kobe (Japan)
Die Nachrichten von den KKWs werden immer bedrohlicher. Heute Nacht hat mich der Kapitän geweckt und eine dringende Email von Rickmers aus Hamburg übergeben. Man will heute im Laufe des Tages, je nach Lage der Dinge, über die weitere Route entscheiden. Gleichzeitig bietet man für den Fall eines gewünschten, vorzeitigen Reiseabbruchs an, uns bei der Organisation der Heimreise zu unterstützen.

Beim Frühstück eine lange Diskussion, wie wir uns am besten verhalten sollen. Helmut zeigt ein mögliches Horrorszenario auf und verschwindet verschnupft, als wir seinen Fantasien von Massenpanik und um sich schießenden Sicherheitskräften nicht ganz folgen wollen. Wir Anderen sind da etwas relaxter. Wir sind schließlich noch über 500km Luftlinie vom Unglücksort entfernt und auf einem Schiff. Im Ernstfall könnten wir relativ schnell reagieren und dahin fahren, wo uns keine Strahlung bedroht. Wer sagt denn, dass wir bei einem möglichen Super-GAU überhaupt einen Flug bekommen würden? Da fühlen wir uns auf dem Schiff erheblich besser aufgehoben. Wenn einem bei einem Flug oder einer Busfahrt die Streckenwahl des Piloten nicht gefällt, kann ja auch nicht jeder Fahrgast über die weitere Fahrtrichtung bestimmen. Wenn man Zweifel hat, sollte man besser gar nicht erst einsteigen, bzw. man kann ja bei jedem Zwischenstopp wieder aussteigen. Wir gehen davon aus, dass Reederei und Kapitän letztendlich die richtige Entscheidung treffen werden. Sie tragen ja schließlich auch die Verantwortung.  Wir werden versuchen uns laufend zu informieren und die Entwicklung erst einmal abwarten.

Mit dem Taxi in die Stadt, den neuen Hafen ansehen. Taxifahren ist hier etwas anders (und teurer) als bei uns. Die Hecktüren öffnen automatisch. Die Sitze sind mit weißen Stickereien überzogen. Der Fahrer ist elegant angezogen und trägt meistens weiße Handschuhe. Süßigkeiten, feuchte Reinigungstücher und Servietten liegen für die Fahrgäste bereit.

Reinlichkeit wird in Japan überall besonders groß geschrieben.

Mittwoch, 16. März 2011

Erdbeben in Japan

Viele Grüsse aus Japan!
Entwarnung!
Wir sind zwar in Japan, aber Japan ist groß. Kobe liegt im Süden und hier merkt man nichts von den schrecklichen Folgen des Erdbebens. Das mit den Kernkraftwerken kann ja leider auch noch zum Super-GAU werden. Hoffentlich kriegen die das einigermaßen in den Griff!

Wie es allerdings weitergeht ist noch offen. Wenn die Lage sich verschlechtert fahren wir nicht nach Yokohama. (ca. 250km südlich des Unglücksortes)
Aussage der Reederei: Für die Sicherheit unserer Schiffe tun wir ALLES!
Morgen wird entschieden, wie es mit uns weitergeht. We'll see!

11. (a) Ulsan/Korea - Kobe/Japan

Sonntag, 13. März 2011 (66. Tag)  Ulsan (Korea)
Noch keine Neuigkeiten zum Erdbeben und kein Abfahrttermin, also noch einmal an Land. Die Stadt gibt zwar optisch nicht viel her, aber wir vier ziehen nochmal los. Im Grunde ist die City eher hässlich. Unglaublich viel Reklame verschandelt die Hausfassaden. Geschäfte, insbesondere Telefonläden, in Massen. Nett sind die Leute ja. Sie sind zwar oft völlig ahnungslos, schicken einen aber einfach um die nächste Ecke in irgendein Geschäft. Zehn Minuten im Kreis laufen und ich bin wieder vor dem ersten Laden. Eine Telefon- oder SIM-Karte bekomme ich trotzdem nicht.

Auffällig ist hier auch die Angst, sich mit irgendwas anzustecken. Viele Leute tragen eine sogenannte „Hundeschnauze“ vor dem Mund. Taxifahrer fahren nur mit Handschuhen. Die Griffe an den Eingangstüren der Kaufhäuser sind mit einem Schutz überzogen. Blass zu sein gilt hier als chic; viele Frauen tragen riesige Schirmmützen, um sich nicht den Sonnenstrahlen auszusetzen. Überhaupt macht alles einen sehr sauberen Eindruck. Wir gehen noch einmal koreanisch essen und lassen uns zum Schiff zurückbringen. Satt, müde, genug mit Korea.
Vor unserem Schiff stehen schon wieder jede Menge neue Kisten. Riesige Rohrkonstruktionen werden auf Tiefladern mit 15 Achsen angeliefert. Die Jungs laden im Akkord. Da taucht doch auf dem Fluss noch eine Schute auf. Auch noch für uns? Tatsächlich, unglaublich was in 'unseren' Bauch so alles reingeht. Umgerechnet könnten wir über 1.000 Sattelschlepper-Ladungen mitnehmen. Da die Sachen zum Teil sehr sperrig sind, dauert es natürlich, alles seefest zu ‚laschen‘.

Montag, 14. März 2011 (67. Tag)  Ulsan (Korea)
Das Immigration-Office möchte uns um 12:00 Uhr zum Auschecken sehen. Es soll heute Nachmittag weitergehen. Der Agent kommt dann so gegen 14:00 Uhr. Draußen gibt es noch keinerlei Anzeichen zum Ablegen. Im Gegenteil, es wird immer noch Ladung angeliefert.
Als wir von der Einwanderungsbehörde zurückkommen, sehen wir zwei von den Jungs mit Laptop an Deck. Sie haben ein offenes WLAN-Netz gefunden. Also sofort mit dem Computer aufs Pilot-Deck und siehe da, es klappt. Zwar langsam aber besser als gar nicht. Schnell Emails abrufen, Blog aktualisieren und Nachrichten über das Erdbeben in Japan ansehen. (Unsere tägliche Bordzeitung liefert nur Kurzinformationen). Das wird ja immer schlimmer!? Jetzt schon drei KKWs in Mitleidenschaft gezogen und so viele Opfer. Für eine Skype-Verbindung ist die Leitung leider zu schlecht. Musie, versprochen, das holen wir nach!
Mach Aussage des ChiefMate werden wir zunächst wie geplant nach Kobe fahren. Liegt ja weiter im Süden. Dort geht unser Kapitän von Bord und ein Kollege aus Polen übernimmt das Schiff. Danach ist Yokohama geplant. Ob die Hafensperre bis zu unserer Ankunft bestehen wird, weiß im Moment niemand. Unser Schwesterschiff, die ‚Rickmers Dalian‘, hat Yokohama/Japan heute verlassen. Es gab wohl keine größeren Probleme. Warten wir also die Entwicklung ab. Bei den Horrormeldungen der letzten Tage freut sich allerdings niemand mehr so richtig auf die Fahrt nach Japan.

Dienstag, 15. März 2011 (68. Tag)  Ulsan (Korea) – Kobe (Japan)
Gegen 02:00 Uhr haben wir Ulsan verlassen - Erholung auf See!
Nach dem Mittagessen, wie üblich, kurzer Gang auf die Brücke. Hab gar nicht gemerkt, dass wir einen ‚Pilot‘ (Lotsen) an Bord genommen haben. Wir passieren gerade die Meerenge von Kanmon im Süd-Westen Japans. Eine ziemlich enge und kurvenreiche Passage, die mit Handsteuerung gefahren wird.

Zwischen Lotsen und Steuermann spielt sich u.a. folgender Dialog ab:
Pilot:        Zero, two, zero
Steuermann:    Zero, two, zero
Steuermann:    Zero, two, zero – Sir!
Pilot:        Thank You
Pilot:        Port  ten
Steuermann:    Port  ten – Sir!
Pilot:        Thank You
Pilot:        midships
Steuermann:    midships – Sir!
Pilot:        Thank You
Pilot:        Starbord ten
Steuermann:    Starbord ten – Sir!
Pilot:        Thank You
Erklärung:   
1.) Kursänderung auf 020°    
2.) Ruder 10° nach Backbord
3.) Ruder geradeaus   
4.) Ruder 10° nach Steuerbord
Anweisungen des Lotsen jeweils mit der Bestätigung durch den Steuermann.

Montag, 14. März 2011

11. Ulsan/Korea - Kobe/Japan

Freitag, 11. März 2011 (64. Tag)  Shanghai – Ulsan (Korea)
Seit heute Morgen um 03:00 Uhr liegen wir unmittelbar vor der Stadt auf Reede. Lotse ist für 17:00 Uhr angekündigt. Traumwetter aber lausig kalt. Wird heute also nichts mehr mit Landgang.
Ulsan ist eine Industriestadt. Hier werden täglich rund 5.000 Autos in die ganze Welt exportiert. Leider gibt es mit Vodafone wohl kein Roaming-Abkommen. Jedenfalls bekommen wir hier kein Handynetz. Kein Telefonat! Keine SMS! Mal sehen ob ich irgendwo eine koreanische SIM-Karte kaufen kann. Musie, mein Schatz, ich möchte mal wieder deine Stimme hören!
Die ständigen Temperaturwechsel haben dazu geführt, dass ich mir einen kräftigen Schnupfen eingefangen habe. Mal sehen ob das Spray aus Eimers Apotheke hilft?
Unser Proviant besteht logischerweise aus Produkten der unterschiedlichsten Länder. Säfte aus der Türkei und Holland, Milch aus Lettland, Mineralwasser aus Deutschland, Marmelade aus Malaysia, Soßen aus den USA, Bier aus China, Cola aus Vietnam, Wodka aus Schweden und Russland, Frischware aus dem jeweiligen Hafen, usw.. Wie es die Nachschubversorgung halt so ergibt. Schmunzeln muss ich über einen Aufdruck auf unserem deutschen Honigglas:
„Mischung aus EG-Ländern und Nicht-EG-Ländern“
Hähh???  Was soll mir das jetzt sagen???
Wo kommt der deutsche Honig denn jetzt her???
Am späten Nachmittag dreht der Wind auf Süd und nimmt plötzlich erheblich zu. Seit Wochen wieder einmal richtiger Seegang. Mal sehen, was die Ankerkette so aushält.
Am Abend erfahren wir vom Kapitän, dass es vor der japanischen Küste ein schweres Erd- bzw. Seebeben gegeben hat. 8,9 auf der Richterskala verbunden mit einer meterhohen Tsunamiwelle. Das ist schon ganz schön heftig. Über Zerstörungen in unserem Zielhafen Yokohama ist bisher noch nichts bekannt. Ich melde über Satelliten-Telefon zu Hause Entwarnung, wir sind noch in Korea.

Samstag, 12. März 2011 (65. Tag)  Ulsan (Korea)
Der Hafen wirkt sehr aufgeräumt und sehr sauber. Vor uns machen gerade zwei gewaltige Autotransporter fest. Die Welt braucht Nachschub. Die Firma Hjundai ist hier zu Hause. In weniger als 24 Stunden sind diese Schiffsriesen wieder beladen und auf See. Optisch hat der Fahrzeugbestand am Ufer jedoch kaum abgenommen. In Südkorea herrscht offiziell ja immer noch Kriegszustand mit den eigenen Landsleuten im nördlichen Teil. Die Kameraden am Hafengate tragen sogar Waffen. Hier wirkt alles sehr straff organisiert. Unsere Pässe werden x-mal überprüft und unsere Namen y-mal in irgendwelche Listen eingetragen!? Wenn’s hilft!

Ansonsten ist Ulsan eine nüchterne Industriestadt geprägt von Auto- und Schwerindustrie, Kunstdüngerfabriken und Raffinerien. Früher war Walfang die Haupteinnahmequelle.

Achtung keine Meeresfrüchte - Alles aus Zucker
Das muß alles noch mit...
Als wir aus der Stadt zurück sind, wollen einige von unseren Jungs gerade ins Seemannsheim. Upps? Info war doch, dass es hier keines gibt. Also auf dem Absatz kehrt und rein in den Shuttle-Bus. Vielleicht klappt das dort mit dem Internet besser als heute Vormittag. Seemannsheime liegen meistens unmittelbar im Hafen und heißen eigentlich nicht ‚Club Hollywood oder Club Las Vegas‘!? Als wir ankommen, werden wir bereits draußen von einem Schwarm junger Mädchen empfangen. Na jetzt ist alles klar! Sofort umdrehen? Zurück mit dem Taxi? Als wir hören, dass es hier einen kostenlosen und schnellen Internetzugang geben soll, bleiben wir erst mal, mit viel Skepsis, hier. Ich verkrieche mich in den kleinen Computerraum. Zwei alte PCs, aber schnelles Internet. Was will man mehr. Endlich mal den Blog aktualisieren. Eins der Mädels bietet mir ein Bier an und fragt ob ich ihr nicht einen Drink spendieren möchte. Ich bezahle mein Bier und gebe ihr weitere drei Dollar. Sie meint ihr Drink koste aber zehn. Nö, nicht mit mir! Sie lässt das Geld liegen und ich habe den ganzen Abend meine Ruhe. Rina, ein Ingenieur und ein Kadett sitzen mit ihren Laptops vorn in der Gaststätte. Nach gut einer Stunde ist ihr Akku leer. Sie kommt in den Computerraum: So watt hab ich noch nich erlebt! Was ist los? Ich glaub wir sind hier in einem Puff, oder wie heißt datt auf Deutsch!?  Ich muss laut lachen, das war doch eigentlich klar! Ein Blick aus der Tür bringt die Bestätigung. Live-Kapelle, viele Mädchen und die Jungs amüsieren sich offenbar prächtig. Vorhin trugen die Damen noch alle Jeans und Pullover; jetzt nur noch Miniröcke und knappe Tops. Ein Nachtclub mit Seemannsleben wie aus dem Bilderbuch. Gegen 22:00 Uhr fordern wir bei der Chefin den kostenlosen Shuttle zum Schiff an. Natürlich klappt das nicht sofort. Erst als wir energisch protestieren, kommt der Bus nach rund zehn Minuten und bringt uns rechtzeitig zur nächsten Schicht zurück.
Um Mitternacht müssen die Jungs schon wieder arbeiten. Das Schiff muss einmal gedreht werden, damit der Ladevorgang reibungslos weitergehen kann. - Datt glaubste doch nich! ?

Im Internet bekommen wir zum ersten Mal mit, wie schlimm das Erdbeben in Japan geworden ist. Der Schaden an dem Atomkraftwerk macht uns am meisten Sorgen, weil wir ja genau in die Gegend wollen. Wir fragen uns, können wir unter diesen Bedingungen einfach so nach Japan weiterfahren? Die Bundesregierung spricht mittlerweile entsprechende Warnungen aus. Aber was sollen wir machen? Die Entscheidung liegt nicht bei uns. In Kobe soll ein neuer Kapitän unser Schiff übernehmen. In Yokohama ist im Moment der Hafen gesperrt. Niemand weiß so richtig wie es weitergeht. Geduld!
Blumen zum Abschied

Samstag, 12. März 2011

DANKE !!!

Vielen Dank fuer die lieben Gruesse hier im Blog, die SMS und Emails.
Leider ist das Updaten des Blogs hier in Asien nicht so ganz einfach. Bitte um Nachsicht. Sitze jetzt beispielsweise in einer ziemlich ueblen Hafenspelunke in Uslan/Korea und hacke auf einem uralten Computer rum. Aber Hauptsache es geht irgendwie. Ein wenig asiatische Gelassenheit habe ich inzwischen ja hoffentlich gelernt. Wann und wie es weitergeht steht noch nicht fest. Durch das schwere Erdbeben in Japan ist noch nicht klar, ob wir naechste Woche Yokohama ueberhaupt anfahren koennen. We'll see!!!

10. Shanghai2 - Uslan

Montag, 07. März 2011 (60. Tag) Shanghai
Irgendwann in den frühen Morgenstunden haben wir wieder am Luo Jing Terminal festgemacht. Eine große Menge Fracht wartet auf uns. Erwartete Aufenthaltsdauer 2-3 Tage.
Wir fahren mit dem Shuttle-Bus zum Gate. Ein Hafenarbeiter bietet uns ein Privat-Taxi an. Kurz darauf bringt uns seine Tochter rund 20 km Richtung Stadt zu einem offiziellen Taxistand. Kleine Aufbesserung der Haushaltskasse. Why not.
Wir statten dem berühmten ‚Jade-Buddha-Tempel‘ einen Besuch ab. Klar, so eine große Figur aus einem Edelstein herzustellen, ist sicher was Besonderes. Aber wie das so ist mit den Tempeln und Kirchen, alles ganz prächtig, aber nach und nach sehen fast alle gleich aus.
Also krasser Themenwechsel und mit der U-Bahn zur Magnetschwebebahn nach Pudong. Einmal zum Flughafen und zurück. ‚Donnerwetter‘ mit 431 km/h in die Kurve legen, das hat was!
Den Nachmittag verbringen wir im Geschäftsviertel von Pudong. Die Expo 2010 hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Man kann kaum glauben, dass man sich in China befindet.
Um uns nochmal einen Gesamtüberblick zu verschaffen, fahren wir in den 88sten Stock des 421m hohen ‚Jin Mao Building‘ mit seinen modernen, eleganten Pagoden. Atemberaubender Blick über eine gigantische Stadt. Meine Visa-Karte hat die Kassiererin (wohl als Souvenir) behalten. Mist, SMS an Musie, Karte sperren lassen und nächstes Mal besser aufpassen! Hab ja zum Glück noch eine in Reserve. Durch den ‚Sightseeing-Tunnel‘ rüber zum BUND und weiter bummeln zur Nanjing-Road, der TOP-Einkaufsstraße in Shanghai. In einer kleinen Nebenstraße finden wir ein gemütliches Restaurant und lassen den Abend bei einem guten Essen ausklingen.

Dienstag, 08. März 2011 (61. Tag) Shanghai
Wieder in die Stadt zum Peoples-Square. Försters fahren weiter zum Zoo. Rina und ich suchen ein Internet-Cafe um unsere Emails abzurufen und das Tagebuch nach Hause zu schicken.
Unterwegs werden wir sehr freundlich auf eine historische, chinesische Teezeremonie angesprochen. Ein nettes junges Paar bringt uns, nach einigem Zögern, in eine Gaststätte, wo wir in einem kleinen Nebenraum die Bedeutung des Tees in China erklärt bekommen. Viele verschiedene Sorten werden uns erklärt und mit einem besonderen Ritual in den unterschiedlichsten Gefäßen zelebriert und serviert. Für oder gegen was die Mischungen so alles helfen sollen, hab ich natürlich nicht behalten. Bluthochdruck, Sehfähigkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Falten, Potenz usw. Auf jeden Fall eine sehr nette Erfahrung mit sich anschließendem Teeverkauf (war ja nicht anders zu erwarten).
Jedenfalls haben wir uns prächtig amüsiert. Water (H²O) + L = WaLter. Mein Bart scheint die Chinesen zu faszinieren und in Anspielung auf meine Größe und Umfang werde ich gleich zum ‚Buddha‘ ernannt.
Im Laufe des Tages bietet man uns noch einige Male eine solche Teezeremonie an. Zweifel, ob der Feuerwehrmann wirklich Zhang Tao und die Mathematikstudentin tatsächlich Chen Shuang heißen, keimen auf. Sind die beiden hier systematisch auf Touristenfang aus? Aber denken wir positiv, denn die Geschichten mit Bild seiner kleinen Tochter und das Foto von ihrem Freund und die Anekdoten über ihre Eltern waren so nett. Ob sie tatsächlich wahr sind, werde ich wohl nie erfahren. Jedenfalls bin ich noch nie so nett und mit so viel Spaß ‚ausgenommen‘ worden. Zum Glück kommt die Rechnung ja in Yuan und der Wechselkurs ist etwa 100:10. Wenn dann der Tee zu Hause immer noch so gut schmeckt wie hier ist alles bestens.
Die Stadt ist heute ungewöhnlich voll. Wir erfahren, dass Welt-Frauentag ist. Viele Firmen haben ihren weiblichen Angestellten nachmittags frei gegeben. Ein unglaubliches Gewusel. Einkaufen in den Damenabteilungen der Kaufhäuser zu unglaublich niedrigen Preisen.
Wir schlendern am späten Nachmittag noch mal durch den alten Teil von Shanghai. Die Zeit scheint hier vor vielen Jahren stehengeblieben zu sein.
Leider mache ich hier auch eine der wenigen negativen Erfahrungen. Nach dem Abendessen im Restaurant eines großen Warenhauses tippe ich draußen die GPS-Daten unseres Liegeplatzes in mein Handy ein. Die Taxifahrer sind dankbar für diese Hilfe. Dann Handy in die Jackentasche gesteckt und Reißverschluss NICHT geschlossen. Bestimmt hat mich dabei jemand beobachtet, denn wenige Minuten später ist das Handy weg. Bestimmt in dem dichten Gedränge vor einem Straßenladen passiert. SCHE….!
Weil die Stadt so voll ist, bekommen wir nur mit Mühe ein Taxi. Die Fahrt ohne NAVI klappt wider Erwarten ganz gut. Der Fahrer war offenbar schon mal im 40 km entfernten Nordhafen. Nur die Modalitäten mit dem Personal am Gate kennt er offenbar noch nicht. Taxis dürfen nur in Ausnahmefällen rein. Also fahren wir 20 Minuten später mit dem Shuttle-Bus zum Schiff. Bei Försters noch einen Dämmerschluck trinken und dann muss ich Musie ja noch den Handy-Diebstahl beichten. Bin nun mal auf einer Art Abenteuerreise und da kann sowas schon mal vorkommen. Merke: Künftig noch besser aufpassen!

Mittwoch, 09. März 2011 (62. Tag) Shanghai – Uslan (Korea)
Heute kein Landgang mehr. Stattdessen zwei Maschinen Wäsche. Auf die Minute pünktlich um 16:00 Uhr legen wir ab. Wir haben über 5.000 Tonnen Fracht an Bord genommen. Darunter riesige Rohre und Maschinenteile für Amerika. Der Yangtsekiang ist wieder übervoll mit Schiffen. Noch mal die gigantischen Hafenanlagen an uns vorüberziehen sehen. Good Bye China und dem ‚Klaudieb‘ viel Spaß beim telefonieren mit meinem Handy. Mögen ihm dabei die Ohren abfallen!

Donnerstag, 10. März 2011 - UTC+9 (63. Tag) Shanghai – Uslan (Korea)
Erholung auf See. Tagebuch nachtragen. Relaxen. Wunderbar diese Ruhe. Das Gelbe Meer mit seinem Brackwasser liegt hinter uns. Endlich wieder richtig blaues Meer und dazu strahlender Sonnenschein. Leider immer noch ziemlich kalt. Jose bringt die bestellten Sachen aus dem Slopchest. Endlich auch wieder den Kühlschrank voll!

Randnotizen:
Wir treffen hier in Shanghai den „Peanut-SuperCargo“ wieder, der uns bei unserem ersten Aufenthalt einen ganzen Nachmittag (nur für Erstattung des Benzingeldes) gefahren und begleitet hat. Stichwort: „I must check the Load“. Von wegen nur Stellvertreter vom Stellvertreter. Ganz schön tief gestapelt. Er ist ehemaliger Kapitän und schon viele Jahre leitender Mitarbeiter von Rickmers in Shanghai. Mittlerweile 60 Jahre alt und seit Herbst 2010 pensioniert. Er arbeitet noch nebenbei, weil er im Laufe der Jahre viele Freunde in der Seefahrt gewonnen hat und sich immer freut, die Jungs wiederzusehen. Bei den Seeleuten ist er als ‚Käpt’n BAO‘ (abgeleitet von seinem Namen Shan YouBAO) rund um den Globus bekannt. Er denkt auch an die Jungs (in Form kleiner Aufmerksamkeiten) wenn sie einen guten Job gemacht haben. ‚A Very good guy‘!

Chinesische Essgewohnheiten
Das die Chinesen mit Stäbchen essen ist ja hinreichend bekannt. Ein paar ungewöhnliche Dinge fielen mir zusätzlich auf. Getränke werden häufig mitgebracht. Suppen werden laut und deutlich geschlürft. Die Arme bleiben dabei auf dem Tisch. ‚Setz dich gerade hin‘ spielt hier in der Erziehung offenbar keine Rolle, denn die Leute hängen regelrecht über ihrem Teller. Die einzelnen Essen kommen nicht zusammen, sondern so nach und nach aus der Küche. Fische und Geflügel werden vom Koch einfach in handliche Stücke gehackt. Zusammengekaute Gräten und Knochen werden dann, auch in guten Restaurants, einfach auf den Untersetzer oder direkt auf den Tisch gespuckt. Pfui – richtig unappetitlich! Die Portionen sind groß und es ist üblich von allen Gerichten zu probieren. Mit den Stäbchen quer über den Tisch und natürlich alles vollgekleckert. Die Tische sehen nach dem Essen aus ‚datt glaubste nich‘! Man staunt, wie viel diese durchweg kleinen Leute bestellen. Sie können Unmengen essen und trotzdem bleibt meist noch eine Menge übrig. Abgeräumt wird oft durch einfaches Zusammenlegen der Tischdecke, mit allem was noch auf dem Tisch steht. Manchmal befindet sich über der Tischdecke eine Glasplatte, die mit einem Gummiabzieher wie ein Fenster gereinigt wird. Die Qualität des Essens ist durchweg sehr gut. Manchmal höllisch scharf aber lecker und köstlich! Zum Glück weiß ich ja auch nicht immer, was ich da gerade so genieße!

9.Xingang-Shanghai-2

Donnerstag, 03. März 2011 (56. Tag) Tianjin (Hafen: Xingang)
Wir liegen immer noch auf Reede. Heute Morgen kein warmes Wasser! Der Käpt’n reduziert den Wasserverbrauch offenbar ganz pragmatisch: Die Waschmaschinen außer Betrieb nehmen und Warmwasser einfach abstellen; dann duscht auch niemand mehr. Sieben Dollar/Tonne will er eben nicht bezahlen.
Gegen Mittag machen wir im Hafen Xingang fest. Wieder ein Hafen der Superlative. Der Agent organisiert uns ein Privat-Taxi in die Stadt. Wir vergessen vorher einen Preis zu vereinbaren. Typischer Anfängerfehler der sofort eiskalt ausgenutzt wird. Normalerweise kostet die Fahrt etwa 20 Yuan für knapp 10 km (2,20 €, Rina-Zitat: Datt kosded doch nix!). Unser Privatfahrer nimmt uns aber, ohne mit der Wimper zu zucken, 150 Yuan (rd. 17,00€) ab. Wir trösten uns damit, dass die Fahrt in Deutschland noch teurer wäre und wir den Weg zum Gate nicht laufen mussten. Taxis dürfen hier nicht ins Hafengelände.
Mit der Telefonkarte, die unser Chauffeur mir für 15 US-$ verkauft, kann man offenbar nur in Asien telefonieren. Ich bekomme jedenfalls keine Verbindung nach Hause. Was soll’s, Jose freut sich über das kleine Geschenk, denn nach Manila funktioniert sie und so kann er mal unbeschwert mit seiner Familie telefonieren.
Der Besuch im Internet-Cafe zeigt, dass China diesbezüglich noch ein Entwicklungsland ist. Über hundert Leute sitzen hier in bequemer Umgebung und surfen, bzw. erfreuen sich an ‚Ballerspielen‘. Bis jeder Chinese einen eigenen Computer hat, wird wohl noch ‘ne Weile vergehen. Was ist das noch für ein gigantischer Markt?
Zum Abendessen gehen wir in ein unauffälliges Lokal, dass vorwiegend von Einheimischen besucht wird. Brechend voll und eine lange Warteschlange am Eingang. Wir fühlen uns, als seien wir von einem anderen Stern. Man beobachtet uns aufmerksam, fotografiert uns sehr diskret einige Male und unsere Verständigungsversuche werden immer von fröhlichem Lachen begleitet. Die Kellnerin holt dann zielsicher einen Gast aus dem vollen Restaurant. Eine junge Frau, die Englisch spricht und der es eine sichtbare Freude ist, uns helfen zu können. Wir lassen uns von ihr ein typisches chinesisches Essen zusammenstellen und bekommen nach gut zehn Minuten einen Tisch zugewiesen. Auf einer Art Fondueplatte wird uns ein Riesenfisch serviert, den man uns am Eingang noch im Wasserbecken gezeigt hat. (1,2 kg Lebendgewicht). Da Rina aber keinen Fisch isst, sitze ich nun mit meinen Stäbchen allein davor. Messer, Gabel gibt’s hier natürlich auch wieder nicht. Die Kellnerinnen sind allerdings sehr aufmerksam. Als sie meine Hilflosigkeit sehen, kommt sofort jemand und zerlegt den Fisch mit den Stäbchen in kleine Häppchen. Wie schnell das geht! Ihre Kolleginnen stehen unauffällig an der Seite und kichern. „Köstlich, einfach köstlich“ und welch ein Spaß, die Leute unauffällig zu beobachten, wie sie wiederum uns unauffällig beobachten! ;-)
Wir bezahlen die Rechnung (Trinkgeld wird auch hier strikt abgelehnt) und bekommen zum Abschluss noch ein kleines rotes Tagebuch geschenkt. Mensch, das ist ja genau so eins, wie Christel es schon seit Tagen sucht. (Zufälle gibt‘s?)
Zurück an Bord stelle ich fest, wir haben wieder warmes Wasser. Der Käpt’n hat 150 Tonnen gebunkert. Hier funktioniert ansonsten die Trinkwasseraufbereitung nicht. Das Wasser hat einen sehr hohen Lehmanteil, daher der Name ‚gelbes Meer‘.
Shore-Leave ist für morgen Nachmittag angekündigt. Damit ist der Ausflug nach Peking leider hinfällig. Schade, dann eben beim nächsten Mal!

Freitag, 04. März 2011 (57. Tag) Tianjin (Hafen: Xingang)
Wir fahren nochmal in die Stadt, chinesisches Flair einatmen. Macht einfach einen Riesenspaß! Ich streife einfach so durch die Stadt und genieße! Straßenhändler der unterschiedlichsten Art, Musiker, riesige Markthallen. Unglaubliche Vielfalt an Obst, Gemüse, Fischen und Meeresfrüchte (leider auch viele niedliche Tierbabys). In einem Elektronikladen in einem Regal über 300 (!) verschiedene Handys. Aber Vorsicht, wo Nokia draufsteht ist nicht unbedingt Nokia drin. Die Chinesen sind nun mal Weltmeister im Fälschen von Markenwaren. Auffällig viele Friseurgeschäfte gibt es hier. Die hübschen, sehr grell geschminkten, Mädels gehen aber wohl eher einem anderen ‚Beruf‘ nach.
Zum Mittagessen treffen wir uns wieder. Jürgen hat schon ein Lokal ausgekundschaftet. Hier wird, anstatt einer Speisekarte, jeweils ein fertig angerichtetes Essen unter Folie im Schaufenster ausgestellt. Für uns sehr praktisch: Man sucht sich was aus und erst dann bekommt man einen Tisch zugewiesen. ‚What you get is what you see‘. Man sollte allerdings genau hinsehen! Die vermeintliche Schweinshaxe entpuppt sich am Tisch als Schweine-Schnauze. In den Meeresfrüchtesalat könnte ich ‚mich reinlegen‘ so lecker und (stolze Anmerkung) alles mit Stäbchen gegessen - sogar die Cashews!
Uns fallen so viele Kleinigkeiten auf, die hier anders sind als bei uns. So ist es beispielsweise üblich, die Jacke im Restaurant über den Stuhl zu hängen. Dann kommt der Kellner und zieht, aus hygienischen Gründen, eine Art Sack über Stuhllehne und Jacke.
Andererseits - Entschuldigung für den Ausdruck, aber treffender kann man es kaum beschreiben - rotzen die Chinesen oft und überall hin. Niemand stört sich daran, nur aus unserer Sicht wirklich nicht schön. Es lebe die Hygiene!
Dann geht es ‚pflasterlahm‘ zurück an Bord. Mittagsschlaf bis 16:30 Uhr. In gut drei Stunden soll es losgehen. Aber was sind schon Zeitangaben? Eine Stunde vor Mitternacht verlassen wir den Hafen.

Randnotiz:
Auch hier in Xingang versuchen die Mächtigen der Volksrepublik durch riesige Bauvorhaben (Häfen, Trabantenstädte, Stadtautobahnen, Freizeitzonen etc.) ihre Stärke zu untermauern.
Die wenig erforschte ‚Krankheit‘ GIGANTOMANIE scheint es überall auf der Welt zu geben, natürlich auch hier in China. Der dritte Ming-Kaiser begann beispielsweise im Jahr 1406 mit dem Bau der Verbotenen Stadt in Peking. Zeitweise sollen eine Million Sklaven und mehr als 100.000 Kunsthandwerker daran gebaut haben. Bauzeit nur 14 Jahre! Die Steine kamen aus der Nähe von Peking. Die größte Steinplatte hat eine Fläche von mehr als 50 m² und eine Dicke von mehr als 1,5 Meter. 20.000 Arbeiter transportierten die 250 Tonnen schwere Platte im Winter 50 Kilometer weit über eine eigens dafür angelegte Eisschiene. Dazu brauchten sie 28 Tage. – Na sieh an, ging doch auch ohne Caterpillar!

Samstag, 05. März 2011 (58. Tag) Xingang – Shanghai
Erholung auf See – In Ruhe Stieg Larsson weiterlesen...

Firma Roehrs&Timm auf dem Weg zum Einsatz in Xingang (?)
 Sonntag, 06. März 2011 (59. Tag) Xingang – Shanghai
Die Rickmers Bordzeitung meldet: Arnd Peiffer und Magdalena Neuner jeweils Weltmeister im Sprint. SUPER!!! Herzlichen Glückwunsch von der „Heidschnucke auf See“ und weiterhin viel Erfolg!
‚Slopchest‘ schon fast zwei Wochen zu. Langsam wird’s eng. Konnte den Jungs bisher noch nicht mal einen auf meinen Geburtstag ausgeben. Wodka, Rum und Bier hab ich schon lange nicht mehr. Cola, Limo und Wasser nur noch einen kleinen Rest. Aber solange wir in China sind, keine Chance, das Lager ist und bleibt versiegelt! Noch 4-5 Tage! Oje, das passiert mir auch nicht noch einmal. Rina hat besser eingekauft als wir Anderen. Sie verfügt noch über ein paar eiserne Reserven. Da macht sich die Erfahrung vieler Seereisen bemerkbar. Die beiden Zimmerleute freuen sich jedenfalls über ein Bier, sie selbst haben auch nichts mehr. Sie sind zum Abschied noch mal kurz vorbeigekommen. Nach sechs Monaten verlassen sie das Schiff in Shanghai. Von dort geht’s im Flieger über Hongkong, London nach Bukarest in die Heimat.
Shanghai empfängt uns wieder mit dichtem Nebel. Also 18:15 Uhr wieder vor Anker und WARTEN.

8. Dalian-Xingang

Sonntag, 27. Februar 2011 (52. Tag) Shanghai – Dalian

Jose legt heute meinen Couchtisch und den Schreibtisch komplett mit einem neuen Anti-Rutschgitter aus. Reine Vorsichtsmaßnahme oder hat das einen besonderen Grund? Böse Vorahnung!
Gegen 17:00 Uhr sehen wir das Lotsenboot kommen. Die See ist sehr unruhig und an Bord alles ziemlich vereist. Es nähert sich zusätzlich ein Schlepper. Der lehnt sich kurz darauf mit seiner gepolsterten Nase bei uns seitlich an und schwankt dadurch mit uns im Takt. Der Lotse steigt nun aus dem flachen Lotsenboot rüber auf den Schlepper. Von dort über die auf dem Vorschiff zur Sicherheit ausgelegten Planen auf unsere Strickleiter und dann rauf in unsere Ladeluke. Ziemlich abenteuerlich, nicht ganz ungefährlich, aber offenbar gut durchdacht.
20:00 Uhr Anruf aus dem Office. Die Einwanderungsbehörde bittet zur Gesichtskontrolle. Da es den Beamten bei dem schlechten Wetter offenbar zu mühsam ist, wegen uns fünf Einwanderern aufs Schiff zu kommen, müssen wir mit dem Agenten zur Behörde fahren. Riesengebäude, Sonntagabend natürlich fast menschenleer. Der zuständige Beamte ist gerade einkaufen gefahren. Also WARTEN. Nachdem er wieder auftaucht werden mit strenger Miene unsere Pässe mit unseren Gesichtern abgeglichen und die VISA überprüft. Dann bringt uns der Chauffeur wieder zurück zum Schiff. Ordnung muss nun mal sein!

Montag, 28. Februar 2011 (53. Tag) Dalian
Brrrr KALT heute, -5°C eisiger Wind und Sonnenschein. Die Klimaanlage hat sich noch nicht richtig eingespielt. Nur 19°C in der Kabine. Dicke Wintersachen an und raus in die Stadt. Wir marschieren zu Fuß Richtung Gate als plötzlich neben uns ein junger Mann von der Hafenmannschaft anhält. Er hat offenbar Mitleid mit den vier frierenden Fußgängern und nimmt uns einfach so mit in die Stadt. Wir verabschieden uns mit einem ChiàChià (Dankeschön); denn eine Bezahlung lehnt er strikt ab.
Bei einem Kaffee in einer Hotel-Lobby erkundigen wir uns nach dem nächstgelegenen Internet-Cafe. Die Beschreibung, aus dem Haupteingang links, 2. Straße links und dann auf der rechten Seite ist eigentlich ausreichend. Aber, wie bereits erwähnt, die Leute sind hier unglaublich nett und aufmerksam. Er kommt nach fünf Minuten wieder und hat für uns eine detaillierte Skizze angefertigt, die uns dann auch sicher an unser Ziel bringt. Einfach so – was können wir hier alles noch lernen?
Die folgende kleine Geschichte von einem Mittagessen in Dalian/China halte ich deshalb so ausführlich fest, weil sie so typisch ist für die Art und Freundlichkeit der Menschen hier.
Nach Erledigung unserer Emails haben wir Hunger und steuern ein typisches kleines Restaurant um die Ecke an. Hoppla, jetzt wird’s ernst! In Dalian gibt es so gut wie keine Touristen und daher auch selten Hilfen in englischer Sprache. Wir bekommen in dem gut besuchten Lokal (Mittagszeit) einen Tisch zugewiesen und der Kellner bringt heißen Tee zum Aufwärmen. Die Speisekarte ist natürlich nur auf Chinesisch und hilft uns absolut nicht weiter. Wir konzentrieren uns also erst mal auf die Teller auf den Nachbartischen. Fröhliche junge Leute, die nicht böse sind, dass wir ihr Essen so genau inspizieren. Außerdem kommt jetzt zum ersten Mal mein Wörterbuch ohne Worte zum Einsatz.
Also, wir möchten gebratene Nudeln (wie nebenan am Tisch links) mit Rind- oder Schweinefleisch (jeweils das Bild eines Rindes und Schweines im Buch gezeigt). Löffel und Gabel (ebenfalls siehe Bilderbuch) Kopfschütteln, gibt es hier wohl nicht. Also müssen wir wohl oder übel mit Stäbchen essen, na denn man tau. Die mittlerweile drei Kellner(innen) lächeln und verschwinden. Kurz darauf präsentiert man uns als erstes die Rechnung für zwei Mittags-Menüs: 32 Yuan Vorkasse (umgerechnet ca. 3,60 €). Man hat wohl Angst, dass wir das Essen hier nicht überleben könnten oder sehen wir etwa so wenig kreditwürdig aus? Egal, es geht los, die Suppe kommt. Brühe mit Einlage, sieht aus wie Algen oder sowas, schmeckt aber nach Fisch. Sehr lecker. 1:0 für uns.
Dann kommt ein großer Teller mit kaltem Fleisch, hauchdünn geschnitten mit vielen Gewürzen und in einer dunklen Sauce (Soja?). Unsere Spekulationen, was wir hier wohl vor uns haben könnten, führen über Zunge zu Pansen oder Lunge, zu Hundefleisch und zur Ex-Manneskraft eines Stieres. Rina verweigert strikt die Nahrungsaufnahme. 'Nee ick esse datt nich!' Ich denke mir, ich weiß ja zum Glück nicht was es ist, also mal kosten. Mmhhm nicht schlecht, sehr pikant, nee SAUSCHARF!!! Aber diese komischen Fasern an der Seite, das sieht schon eigenartig aus! Na sagen wir mal 0:0 unentschieden.
Mittlerweile werden wir im ganzen Laden unauffällig beobachtet. Die Köche stellen hinter Ihrer Scheibe zeitweise die Arbeit ein und schauen uns schmunzelnd zu. Dann die gebratenen Nudeln. Der Kellner hilft uns die Nudeln mit den Stäbchen umzuschichten, damit die vielen Gewürze besser daran haften bleiben. Dann bringt er strahlend zwei Löffel, die er doch noch irgendwo aufgetrieben hat. Trotz kritischer Beobachter klappt das Essen mit den Stäbchen überraschend gut. So viele fröhliche Tischnachbarn hatte ich jedenfalls selten beim Essen und die Nudeln waren soooo lecker. Sieg auf der ganzen Linie, 2:0 für uns.
Da wir ja schon vorm Essen bezahlt haben, lassen wir abschließend 5 Yuan Trinkgeld auf dem Tisch liegen und gehen. Wir sind schon fast hundert Meter vom Lokal entfernt, da kommt eine der Kellnerinnen uns aufgeregt hinterhergelaufen. Wir hätten 5 Yuan (ca. 60 Cent) am Tisch vergessen. Unseren Versuch ihr klarzumachen, dass der Schein für Sie ist, weist sie energisch zurück und besteht auf Rückgabe. Kaum zu glauben, aber wahr!
Den Nachmittag verbringen wir mit einem ausgiebigen Stadtbummel. Wir wärmen uns immer wieder mal in diversen Geschäften und Cafés auf. Zu kaufen finden wir kaum etwas. Viel zu teuer! In Shanghai mit seinen 20 Millionen Einwohnern konnte man erwarten, dass es auch viele reiche Leute gibt. Aber hier in Dalian fällt uns besonders auf, dass in dieser bei uns relativ unbekannten Stadt (immerhin 2x so groß wie Berlin) in einigen Bereichen extremer Reichtum Einzug gehalten hat.
Es wimmelt von Hotels der Spitzenklasse, teuren Restaurants, edlen Bankhochhäusern, französischen Luxus-Boutiquen und vielen Nobelkarossen deutscher und europäischer Automarken. Gleich nebenan dann wieder das China, wie man es sich eigentlich so vorstellt. Sehr einfach, ja zum Teil sehr arm. Diese Widersprüche begleiten uns in diesem Land ja schon eine ganze Weile. Hier ein Cappuccino für 5,00€, nebenan ein komplettes Mittags-Menü für 1,80€. Hier ein Porsche neuester Bauart, daneben ein schwer beladenes Dreirad mit einem abgemagerten Fahrer, der sich durch die Kälte quält. Wir fragen uns immer wieder: Können solche extrem krassen Missverhältnisse auf Dauer gutgehen? Kann man Stabilität erzwingen? Die Zukunft wird es zeigen.
Am späten Nachmittag versuchen wir mit einem Taxi zurückzufahren. Leider kein Erfolg. Wir zeigen insgesamt fünf Taxifahrern unseren mitgebrachten Zettel mit den Hafenangaben in chinesischer Schrift aber alle winken ab. Wissen die nicht wo der Hafen ist? Haben die etwa Angst vor uns Fremden? Oder steht da was Falsches auf unserem Zettel? Wir wissen es nicht.
Also muss wieder mein Taschen-NAVI herhalten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem GPS-Empfang (zu viele Hochhäuser) klappt es dann doch wieder zuverlässig. Leider müssen wir bei dieser Saukälte die 5 km bis zum Schiff zu Fuß laufen. Zum Glück hat sich Rina in der Stadt noch ein Paar gefütterte Winterstiefel gekauft, sonst wären ihr wohl unterwegs in ihren Sommerschuhen die Füße abgefroren. Zurück an Bord erfahre ich vom SuperCargo, dass wir Fracht für einen zusätzlichen Hafen bekommen haben: Long Beach in Kalifornien. - Na das sind doch mal schöne Aussichten bei dieser Saukälte!

Dienstag, 01. März 2011 (54. Tag) Dalian
Denkwürdiger Tag heute! Warum? Heute beginnt offiziell mein Rentendasein. Sozusagen der erste Tag vom Rest meines Lebens. Musie - ist die Rente schon auf dem Konto? Ach nee, die gibt’s ja seit geraumer Zeit erst, wenn man den laufenden Monat überlebt hat!
Shore-Leave bis heute 15:00 Uhr, also kein Landgang mehr. Stieg Larssons ‚Verdammnis‘ weiterlesen und vom gestrigen Tag erholen.
Beim Verladen gibt es heute wohl größere Probleme. Nach dem Abendessen liegen wir hier immer noch. Keine konkrete Auskunft über die voraussichtliche Abfahrtszeit. Einen ganzen Tag verplempert. Nicht ganz so schlimm, weil diese Stadt aus meiner Sicht nicht so was Besonderes ist.

Mittwoch, 02. März 2011 (55. Tag) Dalian – Tianjin (Hafen: Xingang)
Gegen 01:00 Uhr heute Nacht haben wir Dalian Richtung Tianjin verlassen. Nur gut 200 Seemeilen. Nach dem Mittagessen gehen wir vor dem Hafen Xingang erst mal wieder vor Anker. Warten! Ein schöner Tag. Die Sonne scheint. Aber es ist immer noch grimmig kalt.
Der Kapitän informiert uns, dass unser Süsswasser langsam zur Neige geht. Unsere bordeigene Aufbereitungsanlage funktioniert nur, wenn die Hauptmaschine läuft. Wenn wir in Fahrt sind produziert sie ausreichende 15-16 Tonnen am Tag. Da wir im Moment aber viel liegen oder nur kurze Etappen fahren, kann es schon mal eng werden. Wir haben noch 40 Tonnen zur Verfügung. D.h. eventuell nachbunkern. Im Moment ist ihm der Preis noch zu hoch. Der ‚alte Fuchs‘ pokert!
Auch Tianjin ist eine riesige, bei uns nahezu unbekannte, Stadt mit rd. 10 Millionen Einwohnern. Sozusagen Vorort und Hafenstadt von Bèijing (bis Peking sind es 120 km). China hat über einhundert Millionenstädte (wir gerade mal drei oder vier – bei Köln bin ich mir nicht sicher?).
Wer kennt schon die größte Stadt der Welt? - Chongqing in der Nähe des 3-Schluchten-Staudamms am Yangtsekiang hat etwa 32 Millionen Einwohner. (Doppelt so viele, wie bei uns die fünf neuen Bundesländer zusammen!) Was spielt es da für eine Rolle, wenn wegen eines ‚kleinen‘ Stausees mal eben 1,5 – 2 Millionen Menschen umziehen müssen!? Wahnsinn!

7. Shanghai-Dalian

Mittwoch, 23. Februar 2011 (48. Tag) Shanghai
Der Agent hat angeblich nur ein Taxi verfügbar, also sollen wir warten bis es zurück ist und dann die zweite Fuhre machen kann. Die einfache Fahrt dauert aber mindestens eine Stunde. Käpt’n meint „alles Mafia“. Also lassen sich Jürgen + Christel bis zum Gate bringen und fahren auf eigene Faust in die Stadt. Wir anderen drei nehmen das Taxi des Agenten und sind nach gut einer Stunde auch im Zentrum. Auf der Suche nach einem Internet-Cafe landen wir in einem Luxus-Hotel. Zwei PCs stehen uns dort zur Verfügung. Die Verbindung ist allerdings grausam langsam und meinen Blog kann ich nicht aufrufen. Einige Seiten werden wohl irgendwo geblockt ;-) ein Schelm wer Böses dabei denkt. Die PDF-Dateien an Markus gehen nach ewiger Wartezeit endlich raus. Die Blog-Leser müssen leider noch warten.

Jetzt aber zu Shanghai. Mir gehen langsam die Superlative aus. Armut und Reichtum so krass und unmittelbar nebeneinander, kaum zu begreifen. Unglaublich was man da zu sehen bekommt. Menschen die unter primitivsten Bedingungen in dieser Millionenstadt wohnen und gleich nebenan der totale Reichtum. Diese Menge an dicken Autos und die riesige Skyline hätte ich in China nicht unbedingt erwartet. Auf unserem Weg durch die Altstadt denken wir so manches Mal, hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Wäsche hängt zum Trocknen in den Gassen. Das Leben spielt sich auf der Straße ab. Hier werden Schuhe repariert, Zähne gezogen, Hemden genäht und Haare geschnitten. Die Preise sind unglaublich niedrig. Ein Paar Schuhe oder Stiefel schon ab umgerechnet 1,50€, eine Flasche Mineralwasser für zehn(!) Cent. Das Essen bei den
zahlreichen kleinen Straßenhändlern, kostet nur wenige Cent. Wir bemerken allerdings auch, dass z.B. beim Metzger das Fleisch einfach so am Boden liegt und mit Tüchern zugedeckt wird. Die sehen zum Teil aus, als wurden sie gestern noch zum Autowaschen benutzt. Wir verzichten, aus Rücksicht auf unsere Gesundheit, auf einen Test der angebotenen Leckereien. Wir gehen gegen Abend lieber an der Flaniermeile, dem BUND, im Dragon-King-Restaurant essen. Allerdings fand ich auch hier in meiner Suppe Hühnerkrallen!!! Bähh!!! Gilt hier als Delikatesse. Sonst alles super lecker und im Vergleich zum alten Teil von Shanghai natürlich auch ganz schön teuer.
Zitat von Jürgen: Die Chinesen essen alles, was den Rücken oben hat – also einfach ALLES!
Nach einem Spaziergang am nächtlichen BUND geht’s dann mit dem Taxi wieder Richtung Heimat. Mit Unterstützung meines Navis (Es lebe die moderne Technik!) fährt der Taxifahrer uns direkt bis ans Schiff. (Immerhin 38 km!) Er darf, gegen eine kleine Gebühr von 1,00€, also doch in den Hafen fahren. Wir nehmen noch einen Schlummer-Drink und hoffen auf einen weiteren Tag in dieser faszinierenden Stadt. Shore-Leave Time für morgen steht noch nicht fest. Gute Nacht!

Donnerstag, 24. Februar 2011 (49. Tag) Shanghai
„Ni Hau“ Guten Morgen. Shanghai erwacht aus dem Nebel. Das hatten wir doch schon mal. Noch ist unklar, ob und wann wir abfahren. Entscheidet sich erst gegen 11.00 Uhr. Also Geduld!
Asien war für mich bisher immer eine etwas suspekte Welt. Unbekannte Kulturen, andere Sprachen, unbekannte Schriften, andere Essgewohnheiten usw. - Chinesen essen normalerweise keine ‚verfaulte Milch‘ (Käse), dafür aber beispielsweise Eier, die monatelang eingegraben waren. Die sehen aus, wie wenn die Küken gerade begonnen haben zu schlüpfen. Eckhard du kannst ja schon mal ein paar Eier von deinen Zwerghühnern einbuddeln. Die können wir dann ja zu deinem Geburtstag zusammen verspeisen :-)
So langsam beginne ich zu verstehen, dass meine Mitreisenden von diesem Erdteil so begeistert sind. Die Menschen sind aber überall unglaublich nett, offen und freundlich. Die Gegensätze sind manchmal allerdings so krass, dass ich damit so meine Probleme habe. So leben hier etwa vier Millionen nahezu rechtlose Wanderarbeiter in der Stadt.
Die Verständigung geht meistens nur mit Zeichensprache oder oft auch gar nicht. Einmal spricht uns auf der Straße eine kleine Frau an, nur um stolz zu demonstrieren, dass sie Englisch gelernt hat. TOLL!
Die Furcht vor Geistern und Gespenstern ist hier weit verbreitet. Brücken und Treppen werden z.B. häufig im Zick Zack gebaut, weil man davon überzeugt ist, dass Geister diese dann nicht überqueren können.
Um 11:30 Uhr kommt die Meldung Shore-Leave 24:00 Uhr. Das Schiff muss noch einmal gedreht werden, damit eine Riesenturbine aus dem Laderaum direkt auf ein Binnenschiff umgeladen werden kann. Für uns bringt das einen weiteren Frühlingstag in Shanghai. Ich vereinbare mit dem „Peanut-SuperCargo“ (So nennt er sich selbst, weil er 2. Stellvertreter des SuperCargo ist) das er uns mit seinem Privat-PKW in das 90km entfernte alte chinesische Dorf Zhouzhuang bringt.
Er hat durch die Verzögerung beim Entladen heute nicht viel zu tun und freut sich über einen kleinen Zusatzverdienst. Uns kann nichts Besseres passieren, weil die Fahrt von/bis Schiff geht und er auch noch gut Englisch spricht.
Das Dorf liegt an einem großen Binnensee und ist mit Kanälen durchzogen. Durch die vielen kleinen Boote, die für Rundfahrten angeboten werden, fühlt man sich fast wie in der asiatischen Version von Venedig. Entsprechend wird die Touristenattraktion vermarktet (Bude an Bude). Alles sehr schön aber trotzdem hat es uns gestern im Echten Chinatown besser gefallen.

Kleine Anekdote am Rande:
Auf der Fahrt nach Zhouzhuang hält unser Fahrer plötzlich mitten auf der Autobahn an und sagt mehrfach „I must check the Load“. Er fummelt an seinem Navigations-Gerät rum und ich denke, um Himmels Willen, der will doch wohl jetzt hier mitten auf der Autobahn nicht aussteigen und den Kofferraum aufmachen? Nur um irgendwas an der Ladung (Load) zu überprüfen? Oder hab ich wieder was falsch verstanden? Will er nur mit der Agentur von Rickmers telefonieren? Weil da vielleicht irgendwas mit der Ladung nicht stimmt?
NEIN – weder noch. Er wollte mir nur mitteilen, dass er in seinem NAVI unsere geplante Fahrstrecke noch einmal überprüfen möchte. Er wollte sagen: „I must check the Road“ (Straße). Chinesen können aber nun mal das ‚R‘ nicht aussprechen. Er ist ja schließlich auch nicht bei Firma Rickmers beschäftigt, sondern bei „Lickmels“ ?
Der Kapitän teilt uns am Abend mit, dass die Abreise für morgen früh geplant ist. Er ist allerdings noch sehr skeptisch. Nach einem so schönen Tag wie heute gibt’s nach seiner Meinung am nächsten Morgen immer viel Nebel. Mit der Folge, dass dann üblicherweise der Fluss gesperrt wird. We’ll see.

Freitag, 25. Februar 2011 (50. Tag) Shanghai - Dalian
Frühstückstisch mit Blumen (Orchideen) geschmückt? Kerzen (6)?
25. Februar? Da war doch noch was? Ach ja, Anke ‘ne SMS schicken, die hat heute Geburtstag ?
Unsere Ladung ist längst gelöscht und wir sind seit Stunden startklar. Der Kapitän hat Recht behalten, dichter Nebel überm Yangtsekiang. Seit 05:00 Uhr warten wir auf den Lotsen. Dafür ist meine Wäsche wieder fertig im Schrank. Na mal sehen ob meine Mitfahrer Lust auf einen „Blindmaker“ haben. Hoppla, das Schiff setzt sich in Bewegung; es geht also doch heute noch los. Mittlerweile ist es 16:45 Uhr. Nach dem Abendessen gebe ich für die Passagiere einen „Empfang“ in der Lounge. Bacardi Gold, Wodka, Dosen-Cola und ein bisschen was zu knabbern. Christel und Jürgen spendieren ihre vorletzte Flasche Sekt aus der Heimat. Wir vier (Helmut geht wie üblich seine eigenen Wege) verbringen einen schönen gemütlichen Abend zusammen.
Danke für die SMS-Glückwünsche aus der Heimat. Danke meinen Mitreisenden für die fröhliche Geburtstagsfeier. Besonderer Dank an meine Musie für das ‚süße‘ Geburtstagsgeschenk!
Gestern noch ‚so um die 50‘ - heute plötzlich um die -> 60 - Rasender Alterungsprozess! „Obe nix utmokt!“

Samstag, 26. Februar 2011 (51. Tag) Shanghai - Dalian
Planverschiebungen machen es möglich. Gestern hat unser Schwesterschiff, die ‚Rickmers Dalian‘, neben uns festgemacht. Wetter fast wie zu Hause, ungemütlich, diesig, kalt und windig. Winter im Chinesischen Meer. Heute lege ich mich nach dem Frühstück noch mal kurz wieder ins Bett. Buch lesen. Upps, schon halb eins, Mittagessen verschlafen. Macht nichts, hab ja noch ein bisschen Schokolade und einen kleinen Rest von der Schweinshaxe, die Jürgen vorgestern mitgebracht hat. Die Kopfschmerzen sind jetzt zum Glück auch weg. Mein Getränkevorrat ist fast auf Null geschrumpft. Der Slopchest macht erst wieder in ca. 10 Tagen auf; wurde vom chinesischen Zoll versiegelt. Was soll’s, Wasser ist ja sowieso viel gesünder.

Internetprobleme


Man macht sich bei uns keine Vorstellung wie schwierig es hier in Asien noch mit dem Internet ist.

Unglaublich LAHME Verbindungen. Spaeter mehr, muss jetzt weiter....



Euer Kaept'n Seebar

6. Vietnam-Shanghai

14. Februar 2011 Vietnam - Ho Chi Minh Stadt(Saigon)

Sonnenaufgang bei Einfahrt in das Mekong-Delta.
Helmut braucht noch ein Visum und wir unsere Shore-P?se. Da die Beh?de aber zwei Stunden Mittag macht, m?sen wir uns mit unserem Landgang bis nach 14:00 Uhr gedulden.
Was uns in der Stadt erwartet sprengt alle Vorstellungen. Tausende, nein Zigtausende Mopeds brummen durch die Stadt, teilweise auf extra Spuren. Rote Ampeln und Fu??ger?erwege werden ignoriert bzw. man macht durch lautes Hupen klar, dass man nicht halten wird.
Das ?erqueren der Stra?n scheint lebensgef?rlich. Erst nach einigen Versuchen merke ich, wie es richtig geht.


Einfach ganz langsam in den flie?nden Verkehr hineingehen.Ein Sto?ebet gen Himmel. Jetzt nur nicht hektisch werden! Zun?hst brummen noch alle Mopeds vor mir durch ?Achtung Fu??ger naht - die ersten reagieren und fahren mit unverminderter Geschwindigkeit hinter mir vorbei. Jetzt blo?nicht die Nerven verlieren. Sch? langsam weitergehen. Blitzgedanke: der Bus der da auf mich zu kommt ist jetzt wohl mein Todesurteil?! Nein, er zieht auch nach links weg, an die 20 Mopeds, die eben noch neben dem Bus waren, verd?nisieren sich irgendwie und ich bin r?er. LEUTE das ist einfach UNVORSTELLBAR aber es funktioniert. Ich habe nicht eine Kollision gesehen.

Da ich kein Internet-Cafe finden kann, lasse ich mich von einem Rikscha-Fahrer hinbringen. Sp?er geht es als Sozius hinten auf einem Moped zur?k. Ich stecke jetzt mittendrin in diesem Chaos und kann kaum glauben, dass es nicht alle paar Minuten kracht. Jeder f?rt hier sehr r?ksichtsvoll und als oberster Grundsatz gilt 껷ur die Ruhe bewahren!?
Gegen Abend gehen wir in einem Hinterhof-Restaurant essen. Die Speisekarte enth?t wieder allerlei Exotisches. Gegrillte und panierte H?nerf廻e stehen genauso in der Karte wie ged?steter Schlangenkopf mit Fr?lings-zwiebeln und sogar Vogelnester werden angeboten. Wir bestellen mehrere verschiedene Salate, allerlei Meeresfr?hte und Fleisch. Dazu hauchd?ne gebratene Nudeln. Lecker! Die Sache mit den St?chen breche ich nach ein paar Minuten wieder ab. Ich m?hte schlie?ich satt werden.

15. Februar 2011 Vietnam - Ho Chi Minh Stadt (Saigon)
Shore leave until midnight ?Landgang bis Mitternacht. Also noch ein ganzer Tag f? uns. Wir bestellen bei der Agentin eine Fahrt zu den Cu-Chi-Tunneln, einem Tunnelsystem aus dem Vietnam-Krieg. Das Taxi kommt und kommt einfach nicht. Die Nachfragen beantwortet sie immer nett und fr?lich mit 굊nly 5 Minutes? Aus den zugesicherten 20 Minuten sind dann irgendwann 1,5 Stunden geworden. Das Taxi, mit dem wir uns endlich auf den Weg machen, ist dann auch noch das falsche. Die Agentin versucht uns noch telefonisch zum Umkehren zu bewegen; wir lehnen ab. Keine neuen Wartezeiten mehr. Ihr ist offenbar ein gutes Gesch?t durch die Latten gegangen. Uns ist das mittlerweile egal, zumal wir jetzt sogar f? nur 50$ statt 75$ fahren.Der Gesichtsverlust, der durch das Zeigen unserer Ungeduld (!) entstehen k?nte, k?mert uns wenig. Der Taxi-Fahrer versteht zwar kein Wort, aber es klappt alles bestens.
Das Tunnelsystem aus dem Vietnam-Krieg liegt direkt am Saigon-River und ist rund 250 km lang.Mit der Hand gegrabene, enge R?ren. Ohne Verbau tief unter der Erde und an vielen Stellen so eng, dass kein Nicht-Vietnamese hier durchkommen kann. Wir krabbeln nur ein kurzes Teilst?k durch eine R?re und sind v?lig geschafft. Die rumfliegenden Flederm?se unterst?zen die gruselige Atmosph?e. Diesen Guerilla-Krieg konnten die Amerikaner m. E. nie gewinnen. Wenn man sich nur mal richtig informiert h?te, w?e die Aussichtslosigkeit dieses Urwald-Krieges ziemlich schnell klar geworden. Aber welchen Politiker interessiert das?

Die Partisanen konnten immer wieder aus dem Hinterhalt angreifen und waren dann (durch kleine unsichtbare ?fnungen) ganz schnell wieder im Untergrund verschwunden. Das alles im dichten Urwald, bei extremer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit. Die vielen gut getarnten Fallgruben trugen auf brutale Weise zus?zlich zur psychologischen Kriegsf?rung bei.
Nach unserer R?kkehr gehen wir noch mal vietnamesisch essen.
Red Snapper?hab ich mal auf Empfehlung der Kellnerin bestellt. Schreck lass nach, schwierig zu essen aber SOOO?LECKER !!!
Auf unserer R?kfahrt zum Schiff bew?rt sich zum ersten Mal meine Navigationstechnik im Handy. Der Taxifahrer hat keine Ahnung wo unser Hafen sein k?nte und er versteht uns auch nicht. Als ich ihm dann mein Navigationsger? zeige strahlt er und wir finden tats?hlich unser Schiff. Geht doch.

Mittwoch, 16. Februar 2011 Vietnam - Shanghai
Beim Fr?st?k wagt der ChiefMate erneut keine Aussage ?er den voraussichtlichen Abfahrttermin. Auch der SuperCargo h?t sich bedeckt. Es sind so um die 4.000 Tonnen, die gel?cht werden m?sen. Man hat jetzt landseitig noch einen Riesenkran zu Hilfe geholt. Allerdings ist von LKWs, die die Rohre gleich wegfahren k?nten, weit und breit nichts zu sehen. Also erst mal alles auf die Kaimauer zwischenlagern. ?erhaupt scheinen warten und eine unglaubliche Geduld zu den St?ken dieses Volkes zu geh?en.

Der SuperCargo verabschiedet sich. Netter Kerl. Er organisiert f? Rickmers alles was mit der Fracht zu tun hat (und einiges mehr). Aus Zeitgr?den f?rt er nicht mit dem Schiff, sondern fliegt je nach Bedarf zwischen den H?en in Jakarta, Thailand und Vietnam hin und her.
Was f? ein Land - Tsch?s Vietnam - 15:00 Uhr, wir sind wieder 굀n Fahrt? Noch ein paar SMS zu den Liebsten nach Hause, das Chinesische Meer wartet. In 4-5 Tagen wollen wir in Shanghai ankommen.

Donnerstag, 17. Februar 2011 (42. Tag) Vietnam ?Shanghai
Auch das s?chinesische Meer empf?gt uns mit ruhiger See und Traumwetter. Zum Essen gibt es heute Schwein oder Fisch, egal, beides mit 괦?- Pork oder Pisch ;-)
Ein Drittel der Traumreise liegt jetzt bereits hinter uns. In den letzten sechs Wochen schon so viel erlebt. Ich kann die vielen Eindr?ke noch gar nicht richtig verarbeiten. Ein Leben wie im Zeitraffer. Unsere Abfahrt in Hamburg, die Piraten, alles schon so ewig lange her. Zum Gl?k hab ich ja mein Tagebuch.

Freitag, 18. Februar 2011 - UTC+8 - (43. Tag) Vietnam ?Shanghai
Ruhiger Tag auf See. Am Abend laden Christel und J?gen zu einem Drink in ihre Kabine ein. Nanu, alles so gem?lich zurechtgemacht, Blumen, Sekt, brennende Kerzen, Stutz? Haben wir da was ?ersehen? - Die beiden haben heute Goldene Hochzeit! Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Herzlichen Gl?kwunsch und alles Gute!

Samstag, 19. Februar 2011 (44. Tag) Vietnam ?Shanghai
BBrrrr ist das kalt heute Morgen. Wir sind in der Stra? von Taiwan auf H?e des n?dlichen Wendekreises. 22캮 (H?e Sahara) und trotzdem so ungem?lich. Nebel, Nieselregen, Windst?ke 6 gegen an, nur noch 19캜 Luft und 22캜 Wasser, das hatten wir ja schon lange nicht mehr. Bis Seattle (in ca. 5-6 Wochen) werden wir wohl erst mal aufs Sonnendeck verzichten m?sen. Lange Hosen, Pullover und Socken sind wieder angesagt. Abends Grill-Party in der Blue-Bar, selbstverst?dlich mit Karaoke singen. Das neue Schlagzeug wird nat?lich auch ausprobiert. Bei starkem Seegang ist es leider schon einmal umgefallen. Die Snare hat dadurch bereits ein kleines Loch. Richtig spielen kann hier niemand, aber Hauptsache es macht Spa?

Sonntag, 20. Februar 2011 (45. Tag) Vietnam ?Shanghai
Es ist weiterhin nebelig und noch k?ter geworden. Also in der Bude verkriechen. Waschtag. ?er ein Drittel meiner Traumreise liegt jetzt bereits hinter uns. In den vergangenen Wochen schon so viel erlebt. Ein Leben wie im Zeitraffer. Unsere Abfahrt in Hamburg, die Piraten, alles erscheint schon so ewig lange her. Zum Gl?k hab ich ja mein Tagebuch. Am Nachmittag kommt noch mal die Sonne raus. Dicke Jacke an und ne Stunde frische Luft tanken. Frischer bis starker Wind genau von vorn. Temperatur 10캜, Wasser 15캜. Es ist halt noch Winter.

Montag, 21. Februar 2011 (46. Tag) Vietnam ?Shanghai
In der M?dung des Jangtse (Yangstekiang) liegen wir den ganzen Tag vor Anker. Unter uns flie?n jetzt pro Sekunde ungef?r 30.000m?Wasser ins Ostchinesische Meer. 6캜, Sonnenschein und dichter Seenebel. Der drittl?gste Fluss der Welt ist vor?ergehend wegen dieses flach ?er dem Wasser liegenden Nebels gesperrt. Hunderte Schiffe warten auf die Freigabe der Zufahrt. Die Sichtweite betr?t unter einer halben Meile. Also sehr gef?rlich und somit gilt f? uns bis auf weiteres zu warten?
Die l?gste Wartezeit, die unser Kapit? hier mal absolviert hat, waren drei (!) Monate. Das sind ja sch?e Aussichten.

Dienstag, 22. Februar 2011 (47. Tag) Vietnam - Shanghai
Der Termin mit dem Lotsen gestern Abend wurde gecancelt. Der Kapit? informiert uns, dass die Leute von der Einwanderungsbeh?de nur tags?er an Bord kommen. Sollten wir nachts anlegen, muss uns der Agent sofort (auch mitten in der Nacht) zur Beh?de fahren. Pers?liches Erscheinen ist angeordnet.
Juanito (9 Monate an Bord!), Romel (9 Monate) und Sorin (4,5 Monate) sollten gestern von Bord gehen und ihren verdienten Heimaturlaub antreten. Eine Nacht im Hotel war gebucht, quasi als Zeitpuffer, ihre Fl?e in die Heimat gehen heute Nachmittag. Zitat: Datt kannsde vergessen! Alles neu organisieren, aber wie? Fl?e umbuchen. Die Ersatzleute warten ja auch schon irgendwo. Lotsen, Hafenbeh?den, SuperCargo, Lademannschaft, Crewmitglieder und nicht zuletzt wir Passagiere, alle m?sen neu planen. Mit welchen logistischen Schwierigkeiten der Kapit? st?dig konfrontiert wird ist beachtlich.
Um 13:10 Uhr Anker lichten, Weiterfahrt nach Shanghai. Der Jangtse quillt fast ?er vor Schiffen. Wir kommen in einen gigantisch gro?n Hafen. Bisher dachte ich Hamburg w?e gro? aber da war ich noch nicht in Shanghai! Auf ?er 30 Meilen in beide Richtungen Frachter wie an der Schnur gezogen. Von unserem Ankerplatz vor der M?dung bis zu unserem Liegeplatz ungef?r 7 Stunden Fahrt. Auch unser erstes U-Boot bekommen wir hier auch zu Gesicht.