Samstag, 12. März 2011

10. Shanghai2 - Uslan

Montag, 07. März 2011 (60. Tag) Shanghai
Irgendwann in den frühen Morgenstunden haben wir wieder am Luo Jing Terminal festgemacht. Eine große Menge Fracht wartet auf uns. Erwartete Aufenthaltsdauer 2-3 Tage.
Wir fahren mit dem Shuttle-Bus zum Gate. Ein Hafenarbeiter bietet uns ein Privat-Taxi an. Kurz darauf bringt uns seine Tochter rund 20 km Richtung Stadt zu einem offiziellen Taxistand. Kleine Aufbesserung der Haushaltskasse. Why not.
Wir statten dem berühmten ‚Jade-Buddha-Tempel‘ einen Besuch ab. Klar, so eine große Figur aus einem Edelstein herzustellen, ist sicher was Besonderes. Aber wie das so ist mit den Tempeln und Kirchen, alles ganz prächtig, aber nach und nach sehen fast alle gleich aus.
Also krasser Themenwechsel und mit der U-Bahn zur Magnetschwebebahn nach Pudong. Einmal zum Flughafen und zurück. ‚Donnerwetter‘ mit 431 km/h in die Kurve legen, das hat was!
Den Nachmittag verbringen wir im Geschäftsviertel von Pudong. Die Expo 2010 hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Man kann kaum glauben, dass man sich in China befindet.
Um uns nochmal einen Gesamtüberblick zu verschaffen, fahren wir in den 88sten Stock des 421m hohen ‚Jin Mao Building‘ mit seinen modernen, eleganten Pagoden. Atemberaubender Blick über eine gigantische Stadt. Meine Visa-Karte hat die Kassiererin (wohl als Souvenir) behalten. Mist, SMS an Musie, Karte sperren lassen und nächstes Mal besser aufpassen! Hab ja zum Glück noch eine in Reserve. Durch den ‚Sightseeing-Tunnel‘ rüber zum BUND und weiter bummeln zur Nanjing-Road, der TOP-Einkaufsstraße in Shanghai. In einer kleinen Nebenstraße finden wir ein gemütliches Restaurant und lassen den Abend bei einem guten Essen ausklingen.

Dienstag, 08. März 2011 (61. Tag) Shanghai
Wieder in die Stadt zum Peoples-Square. Försters fahren weiter zum Zoo. Rina und ich suchen ein Internet-Cafe um unsere Emails abzurufen und das Tagebuch nach Hause zu schicken.
Unterwegs werden wir sehr freundlich auf eine historische, chinesische Teezeremonie angesprochen. Ein nettes junges Paar bringt uns, nach einigem Zögern, in eine Gaststätte, wo wir in einem kleinen Nebenraum die Bedeutung des Tees in China erklärt bekommen. Viele verschiedene Sorten werden uns erklärt und mit einem besonderen Ritual in den unterschiedlichsten Gefäßen zelebriert und serviert. Für oder gegen was die Mischungen so alles helfen sollen, hab ich natürlich nicht behalten. Bluthochdruck, Sehfähigkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Falten, Potenz usw. Auf jeden Fall eine sehr nette Erfahrung mit sich anschließendem Teeverkauf (war ja nicht anders zu erwarten).
Jedenfalls haben wir uns prächtig amüsiert. Water (H²O) + L = WaLter. Mein Bart scheint die Chinesen zu faszinieren und in Anspielung auf meine Größe und Umfang werde ich gleich zum ‚Buddha‘ ernannt.
Im Laufe des Tages bietet man uns noch einige Male eine solche Teezeremonie an. Zweifel, ob der Feuerwehrmann wirklich Zhang Tao und die Mathematikstudentin tatsächlich Chen Shuang heißen, keimen auf. Sind die beiden hier systematisch auf Touristenfang aus? Aber denken wir positiv, denn die Geschichten mit Bild seiner kleinen Tochter und das Foto von ihrem Freund und die Anekdoten über ihre Eltern waren so nett. Ob sie tatsächlich wahr sind, werde ich wohl nie erfahren. Jedenfalls bin ich noch nie so nett und mit so viel Spaß ‚ausgenommen‘ worden. Zum Glück kommt die Rechnung ja in Yuan und der Wechselkurs ist etwa 100:10. Wenn dann der Tee zu Hause immer noch so gut schmeckt wie hier ist alles bestens.
Die Stadt ist heute ungewöhnlich voll. Wir erfahren, dass Welt-Frauentag ist. Viele Firmen haben ihren weiblichen Angestellten nachmittags frei gegeben. Ein unglaubliches Gewusel. Einkaufen in den Damenabteilungen der Kaufhäuser zu unglaublich niedrigen Preisen.
Wir schlendern am späten Nachmittag noch mal durch den alten Teil von Shanghai. Die Zeit scheint hier vor vielen Jahren stehengeblieben zu sein.
Leider mache ich hier auch eine der wenigen negativen Erfahrungen. Nach dem Abendessen im Restaurant eines großen Warenhauses tippe ich draußen die GPS-Daten unseres Liegeplatzes in mein Handy ein. Die Taxifahrer sind dankbar für diese Hilfe. Dann Handy in die Jackentasche gesteckt und Reißverschluss NICHT geschlossen. Bestimmt hat mich dabei jemand beobachtet, denn wenige Minuten später ist das Handy weg. Bestimmt in dem dichten Gedränge vor einem Straßenladen passiert. SCHE….!
Weil die Stadt so voll ist, bekommen wir nur mit Mühe ein Taxi. Die Fahrt ohne NAVI klappt wider Erwarten ganz gut. Der Fahrer war offenbar schon mal im 40 km entfernten Nordhafen. Nur die Modalitäten mit dem Personal am Gate kennt er offenbar noch nicht. Taxis dürfen nur in Ausnahmefällen rein. Also fahren wir 20 Minuten später mit dem Shuttle-Bus zum Schiff. Bei Försters noch einen Dämmerschluck trinken und dann muss ich Musie ja noch den Handy-Diebstahl beichten. Bin nun mal auf einer Art Abenteuerreise und da kann sowas schon mal vorkommen. Merke: Künftig noch besser aufpassen!

Mittwoch, 09. März 2011 (62. Tag) Shanghai – Uslan (Korea)
Heute kein Landgang mehr. Stattdessen zwei Maschinen Wäsche. Auf die Minute pünktlich um 16:00 Uhr legen wir ab. Wir haben über 5.000 Tonnen Fracht an Bord genommen. Darunter riesige Rohre und Maschinenteile für Amerika. Der Yangtsekiang ist wieder übervoll mit Schiffen. Noch mal die gigantischen Hafenanlagen an uns vorüberziehen sehen. Good Bye China und dem ‚Klaudieb‘ viel Spaß beim telefonieren mit meinem Handy. Mögen ihm dabei die Ohren abfallen!

Donnerstag, 10. März 2011 - UTC+9 (63. Tag) Shanghai – Uslan (Korea)
Erholung auf See. Tagebuch nachtragen. Relaxen. Wunderbar diese Ruhe. Das Gelbe Meer mit seinem Brackwasser liegt hinter uns. Endlich wieder richtig blaues Meer und dazu strahlender Sonnenschein. Leider immer noch ziemlich kalt. Jose bringt die bestellten Sachen aus dem Slopchest. Endlich auch wieder den Kühlschrank voll!

Randnotizen:
Wir treffen hier in Shanghai den „Peanut-SuperCargo“ wieder, der uns bei unserem ersten Aufenthalt einen ganzen Nachmittag (nur für Erstattung des Benzingeldes) gefahren und begleitet hat. Stichwort: „I must check the Load“. Von wegen nur Stellvertreter vom Stellvertreter. Ganz schön tief gestapelt. Er ist ehemaliger Kapitän und schon viele Jahre leitender Mitarbeiter von Rickmers in Shanghai. Mittlerweile 60 Jahre alt und seit Herbst 2010 pensioniert. Er arbeitet noch nebenbei, weil er im Laufe der Jahre viele Freunde in der Seefahrt gewonnen hat und sich immer freut, die Jungs wiederzusehen. Bei den Seeleuten ist er als ‚Käpt’n BAO‘ (abgeleitet von seinem Namen Shan YouBAO) rund um den Globus bekannt. Er denkt auch an die Jungs (in Form kleiner Aufmerksamkeiten) wenn sie einen guten Job gemacht haben. ‚A Very good guy‘!

Chinesische Essgewohnheiten
Das die Chinesen mit Stäbchen essen ist ja hinreichend bekannt. Ein paar ungewöhnliche Dinge fielen mir zusätzlich auf. Getränke werden häufig mitgebracht. Suppen werden laut und deutlich geschlürft. Die Arme bleiben dabei auf dem Tisch. ‚Setz dich gerade hin‘ spielt hier in der Erziehung offenbar keine Rolle, denn die Leute hängen regelrecht über ihrem Teller. Die einzelnen Essen kommen nicht zusammen, sondern so nach und nach aus der Küche. Fische und Geflügel werden vom Koch einfach in handliche Stücke gehackt. Zusammengekaute Gräten und Knochen werden dann, auch in guten Restaurants, einfach auf den Untersetzer oder direkt auf den Tisch gespuckt. Pfui – richtig unappetitlich! Die Portionen sind groß und es ist üblich von allen Gerichten zu probieren. Mit den Stäbchen quer über den Tisch und natürlich alles vollgekleckert. Die Tische sehen nach dem Essen aus ‚datt glaubste nich‘! Man staunt, wie viel diese durchweg kleinen Leute bestellen. Sie können Unmengen essen und trotzdem bleibt meist noch eine Menge übrig. Abgeräumt wird oft durch einfaches Zusammenlegen der Tischdecke, mit allem was noch auf dem Tisch steht. Manchmal befindet sich über der Tischdecke eine Glasplatte, die mit einem Gummiabzieher wie ein Fenster gereinigt wird. Die Qualität des Essens ist durchweg sehr gut. Manchmal höllisch scharf aber lecker und köstlich! Zum Glück weiß ich ja auch nicht immer, was ich da gerade so genieße!

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