Freitag, 14. Januar 2011

Hamburg - Genua

Hamburg - Genua (1.-8. Tag)



Gestern Abend überraschender Besuch. Die Biathlonfreunde haben es sich nicht nehmen lassen, sich persönlich von mir zu verabschieden. Danke, das war ein ganz toller Abend!!!

6.1.2011:

Das Abenteuer beginnt. Auf nach Hamburg zum Wallmann-Terminal.

Anmeldung beim Pförtner und Registrierung beim Gangway-Offizier und wir sind an Bord. Mit Musie und Markus nochmal durch das Schiff stöbern, Pass und Impfbuch beim Kapitän abgegeben und ich bin Besatzungsmitglied. Die Besatzung besteht aus insgesamt 27 Mann plus 5 Passagiere. Kapitän und Schiffsführung aus Rumänien, ansonsten Chinesen und Filipinos. Zeit hat hier im Hafen allerdings niemand. Also Kammer einräumen und den Jungs beim Laden zusehen.


7.1.2011:
Beim Frühstück lerne ich meine Mitreisenden kennen. Wir machen alle fünf die komplette Rundreise. Helmut aus Bochum, Jürgen und Christel aus dem Allgäu und Rina aus Holland. Die drei kennen sich von einer früheren Schiffsreise und sind auch schon um die Welt gefahren, also sozusagen Frachtschiff-Profis.

Der Chief-Mate gibt die Auskunft: „eighteenhundred we have Pilot“, will sagen um 18:00 Uhr kommt der Lotse an Bord. Es geht also bald los. Vier lange Monate! Zweifel, ob das was ich hier mache wirklich so richtig ist, kommen immer wieder mal hoch. Die drei alten Hasen meinen allerdings, das sei völlig normal und später würde ich bestimmt nicht bereuen, dieses Abenteuer eigegangen zu sein. In Sachen Piraten beruhigt Rina mich. Sie meint, die Reederei hat sich darauf sehr gut vorbereitet. Die Schiffe fahren im Konvoi mit Kriegsschiffen als Begleitschutz und zum Teil mit Hubschrauber-Unterstützung aus der Luft.



Um kurz nach 18:00 Uhr legen wir ab. Zwei Schlepper ziehen uns durch die sehr enge Hubbrücke am Rethedamm. Kurz darauf passieren wir die Köhlbrandbrücke. Die Schlepper werfen die Leinen los und nun geht es unwiderruflich los. Einmal um die ganze Welt in 125 Tagen. Regen und Nebel an Willkomm-Höft. Iss leider nix mit Hymne, die wird wohl nur bei Tag gespielt. Schade!

Leider keinen Wetterbericht gehört. Mal sicherheitshalber trotzdem alles sicher stauen. Wer weiß?



8.1.2011:
Position um 10.00 Uhr: N53°16‘ E004°28‘ Niederländische Nordseeküste querab von Leeuwarden, der Heimat von Rina. Regen und Dunst, Windstärke 5-6. Es schaukelt schon ganz schön.

Plötzlich klingelt mein Handy, SMS von „NL Vodafone“, Wieder ein Netz, also schnell bei Musie anrufen.

Die beiden Stewards reinigen das Bad, machen die Betten, bringen neue Handtücher. Am Nachmittag gibt es dann noch eine neue Matratze. Die Betten werden neu bezogen und es gibt zusätzlich weitere Handtücher; ein Wunsch geäußert – zweimal ausgeführt, so kann’s weitergehen ;-).

Der zweite Steward, oder MessMan wie sie hier an Bord genannt werden, wurde übrigens vorgestern extra von den Philippinen nach Hamburg eingeflogen weil so viele Passagiere an Bord sind, immerhin fünf, da braucht es Verstärkung. Auf jeden Fall sind die beiden sehr nett und aufmerksam.

Nach dem Steak zum Mittagessen und einem ordentlichen Mittagsschlaf verschwindet auch das aufkommende Gefühl von Seekrankheit wieder, wenigstens erst mal.

Gegen Abend werden wir den Ärmelkanal durchquert haben und die Biskaya in Angriff nehmen. Für 19:00 Uhr (Nineteenhundred) hat der Kapitän uns in die „Blue Bar“ eingeladen. Mal sehen was das wird. Seinen „Slopchest“ hat er bisher jedenfalls noch nicht geöffnet. Ohne die Einkäufe von vorgestern säßen wir jetzt wohl im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen. Ein kleiner Ableger wäre ja auch nicht schlecht. Denn so oft legen wir ja auch nicht an/ab.

Beim Abendessen erhalten wir vom Steward einen Einkaufszettel für den „Slobchest“. Diverse Biere, Cola, Wasser, Weine, Schnäpse, Zigaretten und allerhand Knabberkram können geordert werden. Lieferung frei Kammer. Abrechnung erfolgt am Ende des Monats.

Den Termin in der „Blue Bar“ sagt der Kapitän ab. Geht erst morgen; er will wegen der Passage von Dover-Calais auf der Brücke sein. Nebenbei bietet er uns noch eine Telefonkarte für das Bord-Satellitentelefon an (30 Minuten für 30$). Gut zu wissen, denn so kann man auch mal auf hoher See zu Hause anrufen.

9.1.2011:
Erster Sonnenaufgang auf See. Wind SW 2-3, Position N 50°00’23,1“ WEST002°46’00,8“ Wir haben den Längengrad Null UTC nach Westen überschritten. Querab von uns liegt Guernsey. Man merkt, dass die Wellen im Atlantik anders werden. Das Schiff stampft gemütlich vor sich hin. Lange tiefe Züge. Kein Land mehr in Sicht und leider auch kein Telefonnetz mehr.

Heute Mittag gibt es leckeres Beef Stroganoff mit Reis, Salat und als Nachtisch Eis. Rina meint auf allen Frachtschiffen, mit denen sie bisher unterwegs war, gab es sonntags zum Frühstück Pfannkuchen und zum Abendessen Eis. Die chinesische Pansen-Suppe. Tripe soup (oder zu deutsch Kuttelsuppe) hätte ich allerdings lieber weglassen sollen. Was soll’s, im wahrsten Sinne des Wortes ein kleiner Vorgeschmack auf das was noch kommen kann.

Der Kapitän möchte den verspäteten Begrüßungsdrink ausgeben. „Twenty-Hundred in the mess“. Gestern ging es nicht. Sicherheit für Schiff und Fracht geht nun mal vor; insbesondere vor den Anliegen und Wünschen der „Passengers“.

Der Empfang ist sehr locker und lustig und Wir erhalten eine Menge Informationen. Die eine oder andere Flasche muss natürlich auch dran glauben. Bierflaschen mit 0,6 Litern Inhalt hatte ich bisher auch noch nicht gesehen.

Praktisch ist auch, dass wir Deutschen uns, aus Höflichkeit den Offizieren gegenüber, natürlich auch in englisch unterhalten. Erst etwas ungewohnt, aber man merkt, wie man langsam wieder in die Sprache rein findet. Englisch als Muttersprache spricht ja sowieso niemand. Es klappt jedenfalls tadellos mit der Verständigung. Wenn mal gar nichts mehr geht, muss Rina mit holländisch aushelfen.

Als wir gegen 22.00 Uhr aufbrechen, stellen wir übereinstimmend fest, dass für unseren schwankenden Gang ausschließlich der starke Seegang verantwortlich ist.

10.1.2011:
Starkwind und Sturm in der Biskaya. Es ist diesig, leichte Regenschauer und um 08:30 Uhr noch stockdunkel. Der Wind aus SSW hat auf 7-8 Bft zugenommen. Es erscheint auch ziemlich warm heute. Der Blick auf das Thermometer bestätigt, 13° C. Komisch das es trotz der 4-5 m hohen Wellen nicht so rumpelt wie in der Nordsee. So langsam wachsen einem die Seebeine.

11.1.2011:
Die Sonne geht erst gegen 9:30 Uhr auf (UTC-1) und es wird sehr schnell angenehm warm. Biskaya ist durch. Ruhige Fahrt an der Atlantikküste von Spanien und Portugal nach Süden. Jürgen holt zum ersten Mal einen Liegestuhl raus. Die heutige Ausgabe der „MV Rickmers Hamburg News" berichtet: Hochwasser in Deutschland !??? Bei uns ist in alle Himmelsrichtungen Hochwasser ;-)

Juanito, der erste Steward, wird in Singapur von Bord gehen. Nach neun Monaten und zwei Weltumrundungen zwei Monate Urlaub. Dann geht es auf einem anderen Rickmers-Schiff wieder los. Was sind da schon vier Monate?

12.1.2011:
Am frühen Morgen passieren wir die Meerenge von Gibraltar. Sonnenschein, 15° alles TOP. Noch gut zwei Tage bis Genua.

Der Kapitän will sich gerade das Rauchen abgewöhnen. Seit zwei Tagen ist er trocken. Er läuft auf dem Pilotdeck unruhig hin und her. Ich hole ihm zur Beruhigung erst mal eine Zigarre. „Too late“ meint er, bis er entdeckt, dass sie aus Schokolade ist. Mit einem fröhlichen Lachen geht er zurück auf die Brücke.

13.1.2011:
Ein wunderschöner Seetag ohne besondere Vorkommnisse. Strahlender Sonnenschein, wolkenloser Himmel, Wind 2-3, 16°C, kaum Seegang. Die Küsten von Ibiza und Mallorca ziehen langsam an uns vorbei. An Deck gemütlich ein Buch lesen und die Seele baumeln lassen. So kann’s weitergehen.

14.1.2011:
Um 10:30 Uhr erreichen wir Genua. Mal sehen wie und wo ich meine emails abrufen kann und meine Updates ins Internet bekomme.. Nach langer Suche endlich geklappt. 

Das naechste Update dann wahrscheinlich erst in Jakarta oder Singapur. Bis dann CU

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wir Landratten aus Franken verfolgen Dich per PC bis in die letzten Winkel dieser Welt und schauen, daß Du nicht von der Erdscheibe fällst. Laut Handy bist Du schon mit Neptun/Poseidon je nach Standort in den Tiefen der See. Die Ableger trinken wir für Dich auf Dein Wohl und irgendwann wieder zusammen. Jetzt rufen wir erst einmal Musi an.
Armin kämpft im Dienst mit den hohen Wellen des Maines auf den Äckern.

förster hat gesagt…

Ahoi Polarfuchs (CU)!
Ich bin der ätere Sohn von Christel und H.-Jürgen aus dem Allgäu.
Wir Landratten hier zu hause finden es klasse, dass Sie sich die Mühe dieses Blogs machen.
So haben wir daheim gebliebenen die Möglichkeit zu verfolgen wo Sie alle sind, wie es in der Welt so aussieht, und vor allen Dingen ob es allen gut geht.
Wir warten schon gespannt auf Ihren nächsten Bericht, grüssen Sie alle ganz herzlich, aus verständlichen Gründen besonders meine Eltern, Schwiegereltern, Oma und Opa!
Alles Gute aus Berlin, DITTI !!!

Anonym hat gesagt…

hallo walter ich versuche es noch
einmal weil ich ein blutiger Laie bin gruss karl

Anonym hat gesagt…

Hallo Walter inzwischen habe ich Dein Tagebuch fast durch. Wenn man immer nur ruhige See hat und kein zweites bier trinkt hält man es sicherlich gut aus. Bei uns fällt gerade wieder viel Schnee und ist sehr glatt.Die Ergebnisse vom Biathlon kennst Du sicherlich.
Aber nach Khanti müssten wir eigentlich auch mal hin.
Gruss von Karl und Gardy

Anonym hat gesagt…

Hallo Walter,

hat ja leider nicht geklappt mit dem Treffen in Shanghai.
Hier läuft alles rund.
Hab gerade mal geschaut, konnte die Rickmers aber nicht finden.
Deine Berichte habe ich mit Interesse gelesen. Tolle Sache.
Viel Spaß wünsche ich Dir noch und komme heil zurück.

Liebe Grüße Ralf